Bereit, Mutiges zu wagen: Delegierte der Herbstsynode besprachen Haushaltspläne, Ökumene und Klimaschutz

Erstellt am 10.10.2022

Bewährtes sichern und Neues wagen: Der Evangelische Kirchenkreis Vlotho hatte zur Herbstsynode in das Gemeindehaus Mahnen geladen. 58 Delegierte berieten die Finanzplanung des Kirchenkreises und informierten sich über zwei Schwerpunktthemen: Ökumenekonzeption und Klimaschutz in Landeskirche und Kirchenkreis.

Der Nachmittag in Löhne begann bei schönstem Wetter, doch stand die Region kurz vor dem Verkehrsinfarkt: Sperrungen an A2, B482 und Weserauentunnel bedeuteten lange Umwege für viele der aus dem ganzen Kirchenkreis anreisenden Besucher. “Wie gut, dass ich mit dem Rad gekommen bin”, sagte Egon Klingbeil, der als Vertreter der Landeskirchlichen Gemeinschaft die Synode besuchte. Die Gegebenheiten annehmen und neue Wege gehen - das könnte das Motto der diesjährigen Herbstsynode sein.

Engelwärts zum Michaelistag

Superintendentin Dorothea Goudefroy und Pfarrer Eckhard Teismann eröffneten die Synode mit einem Gottesdienst, bei dem sich alles um Engel drehte. Engel, wie die Superintendentin in ihrer Predigt erklärte, seien nicht die blondgelockten Flügelträger, die im Krippenspiel Eltern begeistern, aber den coolen Jungs, die sie spielen sollen, ein Graus sind. Vielmehr seien sie mutige Verkünder der guten Botschaft. Wie sie sollten wir dem Bösen die Stirn bieten, mutig die Dinge beim Namen nennen und vertrauen, dass die Kräfte, die gegen uns stehen, schon verloren hätten - seien es die Hetzer, die den Krieg nach Europa zurückbringen und ihn Spezialoperation nennen, oder der Hass, dem wir uns zu oft im Internet hingeben. “Ich stehe hier und singe in gar sich’rer Ruh”, schloss Dorothea Goudefroy mit einem Zitat aus Johann Francks “Jesu, meine Freude” und wünschte der Synode Klarheit und Mut für die Entscheidungen des Abends.

Doch vor den Beratungen der Synode stand noch ein wichtiger Punkt an: der Verwaltungsleiter des Kirchenkreises, Friedrich-Wilhelm Nagel, wurde im Gottesdienstes feierlich verabschiedet und erhielt ein Geschenk zum Dank für 33 Jahre engagierter Arbeit. Bewegt dankte er den Synodalen und Mitarbeitenden für die gute Zusammenarbeit, die sich dafür mit einer spontanen Chorversion von “Marmor, Stein und Eisen bricht” revanchierten.

Bernd Poggemöller, Bürgermeister der Stadt Löhne, dankte in seinem Grußwort daher nicht zuletzt Friedrich-Wilhelm Nagel für das gute Wirtschaften, das die gemeinsame Arbeit ermögliche. Er freue sich über große Projekte wie den neuen Kindergarten für seine Stadt, aber auch über kleinere, wie Stadtfeste oder die Allee des Weltklimas. Er dankte der Kirche, dass sie in die Gesellschaft hinausgehe, und betonte: “Man merkt das.”

Olaf Reinmuth, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Herford, knüpfte hieran an, lobte die gute, pragmatische und direkte Zusammenarbeit und gestand einen gewissen Neid auf die Konstanz der Verwaltung in Vlotho.

Gutes Haushalten unter schwierigen Vorzeichen

Viele Änderungen im Großen und im Kleinen, aber eine stabile Basis durch Jahre des guten Wirtschaftens: Das war die Botschaft des Finanzausschusses, vertreten durch Thomas Kohlmeier. Erstmals negative Ergebnisse könnten aufgrund der vorsichtigen Planung und der Überschüsse aus den Vorjahren aufgefangen werden. Auch sei der erwartete Einbruch der Kirchensteuer bisher ausgeblieben. Stattdessen konnte die Zuweisung an die Gemeinden auf fast 86€ pro Gemeindeglied erhöht werden. Das Ev. Jugendreferat wird mit weiteren Mitteln unterstützt, um nicht refinanzierbare Stellen abzusichern. Damit bekennt sich die Synode ausdrücklich zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Doch seien, mahnten Kohlmeier und Superintendentin Goudefroy, große Veränderungen schon im Gange: Kirchenaustritte und andere Faktoren lassen die Kirchensteuereinnahmen perspektivisch sinken. Gleichzeitig binden neue Aufgaben in Landeskirche und Kirchenkreis Ressourcen. Dies solle jedoch nicht von Verkündigung und Seelsorge, den Kernaufgaben der Kirche, ablenken. Die Energiekrise zeige, wie wichtig Sofortmaßnahmen und langfristige Anpassungen sind. Der Gebäudebestand etwa sei noch auf 30000 Gemeindeglieder mehr ausgelegt; hier sei eine Anpassung an den heutigen Bedarf vonnöten. Auch wenn die Herbstsynode darüber nicht entscheiden müsse, wünschte die Superintendentin sich von den Gemeinden den Mut, sich zur Lösung der strukturellen Fragen zu verpflichten.

Auch in der kreiskirchlichen Verwaltung stünden große Veränderungen an, berichtete die Superintendentin. Um die Qualität der Arbeit zu halten, werde auf den Frühjahrssynoden der Kirchenkreise Vlotho, Herford, Lübbecke und Minden die Zusammenlegung der vier Kreiskirchenämter beraten. Abläufe und Strukturen sollen bis 2025 angeglichen werden, um einen Zusammenschluss zu ermöglichen. Die gemeinsame Besetzung der Verwaltungsleitung für Vlotho und Herford sei eine Chance, den Prozess mit einer gemeinsamen Leitung vorzubereiten.

Mit innovativer Ökumenekonzeption Pionierarbeit geleistet

Ein Schwerpunktthema der Herbstsynode war die Ökumenekonzeption für die Jahre 2022 bis 2030. Die von Pfarrer Torsten Willimczik vorgestellte Konzeption ist eine der ersten ihrer Art in der Evangelischen Kirche von Westfalen und definiert die tragenden Säulen der ökumenischen Arbeit, für die 0,50€ pro Gemeindeglied zur Verfügung stehen.

Die Säulen umfassen schon bestehende und neue Aspekte der Ökumene, darunter die Partnerschaften mit Tambarare in Tansania oder Burqin in Palästina, die im Kirchenkreis besonders gepflegte Zusammenarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen oder auch die mit einer neuen Synodalbeauftragung gestärkte Eine-Welt-Arbeit. Die Ökumenekonzeption wurde in erweiterter Form angenommen: Mit dem zur eigenen Säule erklärten Weltgebetstag findet die Arbeit nun in sieben klar definierten Säulen statt.

Ehrgeizige Klimaziele für Kirchenkreis und Gemeinden

Abschließend widmete sich die Synode einem der wichtigsten Themen unserer Zeit: dem Klima. Die Landeskirche hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu werden, und baut dafür ein Klimateam auf. Simone Hüttenberend, ausgebildete Architektin und erstes Teammitglied, war vor Ort, um die Perspektiven mit der Synode auszuloten.

Sie schlug gleichzeitig warnende und optimistische Töne an. “Der Klimawandel ist menschengemacht, aber das bedeutet auch, dass wir ihn beeinflussen können”, betont die Klimamanagerin. Tatsächlich habe die Landeskirche 2019 festgestellt, dass sie die Emissionen seit 1990 um 40% reduziert habe. Daher hat die Landessynode beschlossen, noch entschiedener zu handeln und den Verbrauch um 95% zu reduzieren. Gebäude seien die primären Treiber, wie die Gemeinden in der jetzigen Energiekrise erfahren. Neben Sofortmaßnahmen wie Winterkirche-Formaten sei die Reduktion und energetische Sanierung des Bestands nötig. Um diese Generationsaufgabe zu stemmen, habe die Landessynode beschlossen, dass 4% der Kirchensteuerzuweisungen für Klimathemen aufzuwenden seien. Das Klimateam sei dabei unterstützend zur Stelle; so würden kostenlose Datenlogger für Temperatur und Luftfeuchtigkeit in den oft denkmalgeschützten Kirchengebäuden zur Verfügung gestellt.

Simone Hüttenberend stellte sich den Fragen der Anwesenden und konnte auf neue Richtlinien und Schulungsangebote hinweisen. Es blieb dennoch Diskussionsbedarf, nicht zuletzt über den Beschlussvorschlag einer kategorische Selbstverpflichtung des Kirchenkreises auf das Klimaziel der Landeskirche. Dem gefühlten Leitmotiv der Synode, neue Wege zu gehen, entsprechend wurde der Beschluss letztlich doch mit großer Mehrheit angenommen.

Trotz der vielen Themen endete der Abend mit nur geringer Verspätung mit Wahlen von Synodalbeauftragungen und der Verabschiedung von Pfarrer Jörg Uwe Pehle und - ein Unikum in der Geschichte - acht Gemeinden im Kirchenkreis, die auf der nächsten Synode bereits als Gesamtgemeinden Porta Westfalica-Süd und Emmaus-Kirchengemeinde Bad Oeynhausen vertreten sein werden.

Zum Evangelischen Kirchenkreis Vlotho gehören zurzeit 17 Gemeinden in Bad Oeynhausen, Vlotho, Löhne-Gohfeld und dem Süden von Porta Westfalica mit rund 49.000 Gemeindegliedern. Die Kreissynode besteht aus aktuell 62 Mitgliedern, die neben Pfarrerinnen und Pfarrern auch Entsandte aus den Presbyterien und Arbeitsbereichen sind. Sie tagen im Frühjahr und im Herbst, um wichtige Entscheidungen für den Kirchenkreis zu treffen. Zwischen den Synoden wird die Arbeitsfähigkeit durch den gewählten Kreissynodalvorstand sichergestellt, der sich monatlich trifft.

Superintendentin Goudefroy wünschte den Synodalen Klarheit und Mut für ihre Entscheidungen

Blumen zum Abschied: Friedrich-Wilhelm Nagel wurde von Superintendentin Dorothea Goudefroy und Pfarrer Eckhard Teismann feierlich verabschiedet

Auch Michael Mertins, Superintendent des Ev. Kirchenkreises Minden, dankte Friedrich-Wilhelm Nagel für seine Arbeit

Bürgermeister Bernd Poggemöller hieß die Synode in Löhne willkommen

Olaf Reinmuth, Superintendent des Ev. Kirchenkreises Herfords, besuchte die Synode

Viele Informationen und Entscheidungen standen am Abend an

Simone Hüttenberend stellte die Klimaziele der Landeskirche vor

Kaum überzogen trotz vollem Programm: Die Synode war perfekt organisiert