Full House zum Abschied: Pfarrer Joachim Schierbaum in Holzhausen verabschiedet

Erstellt am 10.06.2024

Klein und still sollte die Verabschiedung sein, aber das war bei Joachim Schierbaum nie wirklich eine Option. Zur Verabschiedung des beliebten Portaner Pfarrers, der über 35 Jahre den Ort geprägt hat, waren viele Hundert Menschen nach Holzhausen gekommen.

„Ja, ist denn schon wieder Weihnachten?“ rief Joachim Schierbaum von der Kanzel angesichts der Menschenmengen vor ihm. Trotz seines ruhigen und unaufdringlichen Auftretens: Auftritte auf großer Bühne liegen ihm. Sogar eine Karriere als Musiker hatte er als Alternative zum Pfarrdienst ins Auge gefasst, bevor er seine kirchliche Laufbahn aufgenommen hatte und 1989 in Holzhausen angekommen war. Als frisch gebackener Großvater und von einem Schlaganfall im Januar erholt wurde Joachim Schierbaum nun als dienstältester Pfarrer des Kirchenkreises an der Seite seiner Ehefrau Barbara in den Ruhestand verabschiedet. Mit ihm endet eine Ära in Holzhausen.

Hinauswagen in die Gemeinschaft

Vor der Verabschiedung aus dem aktiven Dienst stand jedoch noch eine Predigt auf dem Plan, die ganz auf das ‚kürzeste Evangelium‘ abzielte, auf das Pauluswort „Gott ist Liebe“.„Seine Liebe sorgt dafür, dass ich mich hinauswage in die Gemeinschaft“: So erklärte Joachim Schierbaum die Quelle seines Engagements. Ehrlich und offen dankte er seiner Familie und seiner Gemeinde, ehrlich ging er mit seiner eigenen Leistung ins Gericht, und offen sprach er die Schattenseiten der Kirche an, die Mission mit Zwang und Gewalt, Antisemitismus, schwarze Pädagogik. „Nein, nein, nein, würde Jesus rufen. Liebe, darauf kommt es an“: Dass es die Menschen in der Holzhauser Kirche nach seiner Predigt nicht mehr auf den Stühlen hielt, war sicher dem Anlass und der Person geschuldet, aber viele der Anwesenden waren auch sichtlich von der leidenschaftlich vorgetragenen Predigt berührt.

Ein Becher bei der Feuerwehr

Joachim Schierbaum verbindet Verlässlichkeit und Verbindlichkeit mit einer großen Leidenschaft für seine seelsorgliche Rolle. So war die jahrelange Arbeit als Scriba, Schriftführer des Kirchenkreises, einschließlich der genauen Vor- und Nachbereitung der Synoden, genauso charakteristisch für ihn wie seine anpackende, engagierte Art, Kirche, Seelsorge und Gemeindeleben zu gestalten. „Wie viele Notfallseelsorger haben auf der Feuerwache eine eigene Tasse im Schrank stehen?“, fragte Superintendentin Dorothea Goudefroy in ihrer Ansprache zur Verabschiedung. Über allem stand dabei der Wunsch, das Evangelium weiterzusagen, zu den Menschen zu gehen, anstatt zu erwarten, dass sie kommen. So wurden aus einer anfänglichen Handvoll Gottesdienstbesucher eine rege Gemeinde, und der Verabschiedungsgottesdienst war nicht der erste, bei dem die Menschen bis aus der Kirche hinaus anstanden.

Wenn nicht der Pfarrer, sondern die Gemeinde wechselt

Die Gemeinde um ihn herum hat sich in den Jahrzehnten verändert, wurde zu Holzhausen und Holtrup an der Porta und schließlich zum Teil der neuen Gesamtgemeinde Porta Westfalica-Süd. Joachim Schierbaum hat den Vereinigungsprozess mitbegleitet und geleitet, aber immer in dem Bewusstsein, dass er die weitere Entwicklung der neuen Gemeinde in die Hände seiner Kollegen übergeben würde. Seine Stelle wird nicht nachbesetzt, sondern die Aufgaben von Katharina Kenter-Töns, Torsten Willimczik und Rainer Schulz, der ihm jedoch bald in den Ruhestand folgen wird, gemeinsam übernommen. Obwohl die Familie Schierbaum im alten Pfarrhaus bleiben wird, war es Joachim Schierbaum ein Anliegen, dass klare Verhältnisse in der Gemeinde herrschen: „Ich sage ‚Nein‘“, warnte er mit charakteristischer Klarheit bei den vorbereitenden Gemeindeversammlungen, falls man ihn an seinen Pfarrkollegen vorbei in Gemeindedingen ansprechen würde. Dass er diese dennoch nach Möglichkeit unterstützen wird, war natürlich unausgesprochen mitgedacht.

Dem Wunsch Joachim Schierbaums entsprechend war der Verabschiedungsgottesdienst selbst kurz gehalten. Auch zum Wohl der vielen in den Gängen und zwischen den Reihen stehenden Besucher gab es keine langen Grußworte oder Danksagungen. Nicht so jedoch dann vor der Kirche: Der ganze Kirchhügel am Gänsemarkt war dicht bevölkert mit Kindergarten- und Schulkindern, Gemeindegruppen, Pfarrkolleginnen und Pfarrkollegen aus dem ganzen Kirchenkreis und den vielen Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter aus Jahrzehnten der Arbeit.

Standing Ovations nach der Predigt zeugen von der Beliebtheit des Pfarrers

Superintendentin Goudefroy segnet Barbara und Joachim Schierbaum zur Verabschiedung