Vom frühen 18. Jahrhundert 200 Jahre vorwärts und wieder ein Jahrhundert zurück, mit einem Abstecher ins mittelalterliche England: Das ist die Route für die musikalische Zeitreise, die Kantorin Līga Auguste für das Jahreskonzert der Kantorei St. Stephan Vlotho zusammengestellt hat. Am 3. Dezember warten adventliche Stücke von Bach, Britten, Grandjany und Saint-Saëns auf die Besucher.
Lotse auf dieser Reise durch die Adventsmusik ist, neben dem Orchester Opus 7 mit seiner gewohnten Präzision, die Harfe. Charlotte Michels, mehrfach Siegerin bei „Jugend musiziert“ und Finalistin im internationalen Harfenwettbewerb der Franz Josef Reinl-Stiftung, hat in Brittens „Ceremony of Carols“, dem Weihnachtsoratorium von Saint-Saëns und besonders der „Arie im klassischen Stil“ der französisch-amerikanischen Harfenkoryphäe Marcel Grandjany genug Gelegenheit, ihr Talent an den Saiten zu zeigen.
Das Jahreskonzert ist aber gerade eine Gelegenheit für die Sängerinnen und Sänger im Chor der Kantorei und in den Solopartien, ihr Können im von Līga Auguste ausgesuchten, herausfordernden Programm zu beweisen. Den Abend eröffnet Bachs Kirchenkantate „Schwingt freudig euch empor“ von 1731, ein Klassiker der Adventszeit, der virtuose Arien mit einer Choralbearbeitung von Luthers „Nun komm, der Heiden Heiland“ verknüpft und Vorfreude auf die Weihnachtszeit macht.
Nach dem barocken Klassiker geht es in das Jahr 1942. Mitten in den Kriegswirren wendet sich der englische Komponist Benjamin Britten der Vergangenheit zu: In seiner „Ceremony of Carols“ vertont er Gedichte des Mittelalters und der Reformationszeit in modernen, aber geheimnisvollen, entrückten Melodien und verändert fast en passant die Entwicklung der englischen Kirchenmusik. Mit dem anspruchsvollen mittelenglischem und lateinischem Gesang zur Harfe fühlt sich der Zuhörer in Vlotho im Geist in die Chorgestühle der großen englischen Kathedralen versetzt.
„Ein unheimlich privater Mensch“, sagt Līga Auguste über Camille Saint-Saëns. Der französische Komponist der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte sich den unerfüllbaren Anspruch gesetzt, die Emotionalität in seiner Musik zu reduzieren und nur kunstvolle Perfektion und lyrische Eleganz zuzulassen. Das brachte ihm den Ruf von intellektueller Steifheit und mangelnder Frische ein, was Berlioz zum Bonmot verleitete: „Er weiß alles, aber ihm mangelt es an Unerfahrenheit.“ Doch Saint-Saëns’ Emotionalität lässt sich im Weihnachtsoratorium von 1858 nicht verstecken. Von Bach inspiriert und erst auf die Idee eines Oratoriums zur Adventszeit gebracht, erlaubt Saint-Saëns sich zwar keinen barocken Überschwang. Aber es ist gerade in der besinnlichen Stille, lyrischen Qualität und Tiefe seiner Komposition, dass die Persönlichkeit des Komponisten spürbar wird und das Publikum in das Wunder der Weihnachtszeit eintauchen kann.
Der Vorverkauf für die „Musique de Noël“ beginnt am 20. November. Karten mit Sitzplatzreservierung sind zum Preis von 15€ (ermäßigt 7€) beim Stadtmarketing Vlotho erhältlich. Die Abendkasse öffnet am 3. Dezember um 17:15 Uhr; das Konzert beginnt um 18 Uhr.