Der große Wurf: Die Emmaus-Kirchengemeinde stellt ihr neues Gebäudekonzept vor

Erstellt am 30.11.2023

Die Emmaus-Kirchengemeinde in Bad Oeynhausen sieht sich einem typischen Problem vieler Kirchengemeinden gegenüber: sinkende Gemeindegliederzahlen, aber steigende Fixkosten für Gebäude, die immer weniger genutzt werden. In dieser Situation schlägt die Gemeindeleitung eine mutige Lösung vor: Zwei Predigtstätten sollen entwidmet werden und gleich mehrere Gemeindehäuser neuen Zwecken zugeführt werden. Im Gegenzug plant die Gemeinde einen spektakulären Wurf mit einem neuen Gemeindezentrum für ganz Bad Oeynhausen südlich der Werre.

„Wir wollen etwas Neues schaffen“, sagt Ralf Schröder vom Bevollmächtigtenausschuss der Emmaus-Kirchengemeinde. Zusammen mit dessen Vorsitzender Ulrike Weißflog stellt er die Pläne der Gemeinde dem Stadtentwicklungsausschuss für Bad Oeynhausen vor. Denn die Pläne können die Entwicklung in den Quartieren über Jahrzehnte prägen.

Kein „Weiter so“ möglich

Schon die Vorgängergemeinden hatten sich mit der Gebäudefrage beschäftigt und eine Gebäudestrukturanalyse in Auftrag gegeben, doch die neue gemeinsame Gemeindeleitung geht nun mit großen Schritten voran. Mit externer und unabhängiger Beratung wurde der Gebäudebestand gesichtet und ein neues Konzept entwickelt. Die Befunde stellen die Ist-Situation mit schonungsloser Klarheit dar: Viel zu viel Holz, Stahl und Stein für viel zu wenige Menschen. Schon jetzt unterhält die Gemeinde mehr als doppelt soviel Fläche als sie für Gottesdienste und Gemeindeaktivitäten benötigt. Noch dramatischer fällt die Rechnung aus, wenn sie in die nahe Zukunft fortgeschrieben wird: Im Jahr 2030 werden die Gemeindegliederzahlen erstmals unter 10,000 fallen, und nur noch drei Pfarrstellen bleiben der Gemeinde. Rechnerisch sind jeweils fast 1000 Quadratmeter an Kirchen- und Gemeinderäumen zu viel vorhanden. „Ein ‚Weiter so‘ kann es nicht geben“, schließt Ralf Schröder.

Die Finanzen geben ihm recht: Die in vielen Fällen in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts entstandenen Gebäude sind nach heutigen Standards nicht mehr wirtschaftlich tragbar. Weit jenseits der Hunderttausender-Marke bewegen sich die Unterhaltskosten für die Gemeindehäuser, und ähnlich sieht es in den Kirchen aus. Eine energetische Sanierung ist meist schlicht nicht möglich, und würde sicher auf Kosten der wenigeren Gemeindeglieder in kommenden Generationen gehen. Daher hat die Gemeindeleitung entschlossen, jetzt Fakten zu schaffen, um eine Kirche für morgen und übermorgen zu formen.

In der Emmaus-Kirchengemeinde ist viel in Bewegung

Einschneidende Veränderungen

Die Entscheidung ist dem Leitungsgremium nicht leicht gefallen, doch sie wurde mit nur einer Gegenstimme und einer Enthaltung fast einstimmig getroffen. Sie bedeutet merkbare Einschnitte im Gemeindeleben in allen Bezirken der Emmaus-Kirchengemeinde.

In einzelnen Bezirken werden die Änderungen eher kleinteilig sein. Rehmes denkmalgeschützte Laurentiuskirche, die Ursprungskirche der ganzen Region, bleibt erhalten. Der Katharinensaal im Parterre des Kindergartens Zwergenhaus könnte für die U3-Arbeit genutzt werden, während sich das restliche Areal um den Martin-Luther-Hof ideal für Wohnraum im beliebten Viertel eignen würde. Ähnlich gestaltet sich die Situation auf der Lohe: Die ebenfalls denkmalgeschützte Martin-Luther-Kirche bleibt, und das angrenzende Gemeindehaus könnte behutsam umgestaltet und umgenutzt werden.

Tiefergreifende Veränderungen treffen Babbenhausen-Oberbecksen, wo Kirche und Gemeindehaus aufgegeben werden sollen. Allein das alte Pfarrhaus könnte neue Aufgaben finden, während das restliche Areal neben dem Kindergarten Sterntaler attraktiv für Wohnbebauung und über die vorhandenen Zufahrtswege gut angebunden wäre.

Ähnlich einschneidend sind die Pläne für Wichern: Zwischen Wichern- und Schulstraße hält die Gemeinde die Heilig-Geist-Kirche von 1963 mit dem angrenzenden Wichernhaus auf einem halben Hektar Land im Zentrum eines dynamischen und wachsenden Viertels der Stadt. „Ich selbst wurde hier konfirmiert, daher weiß ich, was diese Gebäude den Menschen bedeuten“, gibt Ulrike Weißflog zu. Doch sind gerade diese Gebäude wegen ihrer Größe und ihres kostenintensiven Unterhalts eine Belastung für die Gemeinde. Neuer Wohnraum oder eine Mischbebauung mit gemeinnützigen Einrichtungen könnte gerade hier ein Motor der Stadtentwicklung im Albert-Rusch-Viertel werden.     

Doch nicht nur in weiter außerhalb oder jenseits der Südbahn gelegenen Bezirken wird sich einiges ändern. Denn auch im Herz der ehemaligen Altstadtgemeinde stehen große Veränderungen an: Das Dietrich-Bonhoeffer-Haus an der Bismarckstraße ist das zweitgrößte, aber auch im Unterhalt kostenintensivste Gemeindegebäude. Und es soll aufgegeben werden. Durch seine zentrale Lage ist es ein Filetstück im Gebäudeportfolio der Gemeinde, und verschiedenste Nutzungsoptionen von neuem Wohnraum bis zu Büro- oder Praxisräumen oder öffentlichen Einrichtungen bieten sich an.

Ein guter Ort für die Menschen in Bad Oeynhausen

Für die aktive Gemeindearbeit bedeuten die Pläne eine kleine Revolution. Über die Bezirke verteilt bleiben Räume für einzelne Gemeindegruppen, doch werden für größere Aktivitäten wie Chorproben neue Optionen nötig sein. Die Antwort des Bevollmächtigtenausschusses stellt den Kern des mutigen Vorhabens dar, und er verlangt die Einbeziehung der Stadt Bad Oeynhausen, denn es geht um städtischen Grund. Die Vision: Ein gemeinsames und zentrales Gemeindehaus soll entstehen, in dem die Emmaus-Gemeinde ihr neues Zentrum findet. Der Ort: die Wiese an der Auferstehungskirche.

„Wir wollen den Menschen in unserer Gemeinde eine neue Heimat geben und sie an einem guten Ort zusammenführen“, erklärt Ulrike Weißflog. Die Idee des Bevollmächtigtenausschusses ist, mit den eingesparten und aus Verkauf oder Verpachtung erzielten Mitteln in einem Architekturwettbewerb einen Entwurf zu erhalten, der sich behutsam zwischen Kurpark und Ostkorso einfügt, ohne das Gefüge vor Ort mit der angrenzenden Bebauung und dem historischen Baumbestand zu belasten. Gleichzeitig soll das Gebäude eine architektonische Bereicherung und ein Identifikationssymbol für Bad Oeynhausen werden. Mit dieser Vision geht die Gemeindeleitung in die Gespräche mit der Stadt und mit den Menschen der Emmaus-Kirchengemeinde.

Hier könnte das neue Zentrum der Gemeinde entstehen.

Grafik: Ralf Schröder, Datengrundlage: GEOportal.NRW, CC BY 3.0