„Come away, Death“ gibt den Trauertagen ein musikalisches Gesicht: Stimmungsvolles Konzert am Ewigkeitssonntag

Erstellt am 01.12.2023

Von Gabriela Peschke

Gut 50 Besucher haben am Sonntagabend in der Stille der gedämpft beleuchteten Auferstehungskirche den ersten Ton erwartet – und der kam von oben: Mit Johann Sebastian Bachs Präludium in g-Moll eröffnete der junge Organist Barnabás Kérges aus Budapest an der großen Ott-Orgel das Konzert zum Ewigkeitssonntag. Eine sanfte Einstimmung auf das Thema des Abends, auf Vergänglichkeit und die Kraft, die genau daraus erwachsen kann. Doch Bachs fantasievolles, ausdrucksstarkes Frühwerk sollte der einzige Beitrag bleiben, der in diesem Konzert von der Empore aus erklang. Denn fortan würde man die Musiker sowohl solistisch als auch gemeinsam im Altarraum erleben.

Um es gleich vorwegzunehmen: Es war ein Abend für Genießer ruhiger Momente. Eine Einkehrzeit, die mit musikalischen Impulsen vom Getriebe der Welt weggeführt und den Blick nach innen gelenkt hat. Unter der Leitung von Kreiskantor und Altus-Solist József Opicz haben die Barock-Violinistin Simone Gisinger-Hirn und der ungarische Pianist Barnabás Kérges die Stimmungen an der Schwelle zwischen Leben und Tod in sorgsam ausgewählten Beiträgen abgebildet.

Reichlich Gesang gab es da, mal filigran und durchlässig, mal samtig und gefühlvoll. Ob im Passionslied „O Haupt voll Blut und Wunden“ oder in der Vertonung von „Ach wie flüchtig, ach wie nichtig“: József Opicz’ kristallklarer Altus war wunderschön anzuhören. Zu den „Filet-Stückchen“ des Abends gehörte zweifelsohne auch seine Interpretation des bekannten mittelalterlichen Hymnus „dies irae, dies illa“ aus der lateinischen Totenmesse.

Als weiteren Höhepunkt hatte József Opicz klangliche Kostbarkeiten aus der englischen Musikliteratur zusammengetragen: Da gab es unter anderem das romantische Gedicht „By a fountainside“ aus den Seven Elizabethan Lyrics, vertont vom englischen Komponisten Roger Quilter. Pfarrerin Theodora Beer übersetzte den englischen Text und machte damit die ergreifende Trauerlyrik dieser Verse für die Zuhörer nachvollziehbar. Doch mehr noch als die Worte war es der Klang, der dieser verträumten Lyrik die besondere Färbung gab.

„Come away, Death“, beginnt das bekannte Shakespeare-Lied, das, voll des Kummers, den Tod herbeisehnt. Mit der Anfangszeile dieser schwermütigen Dichtung war der gesamte Konzertabend überschrieben; in der Vertonung des zeitgenössischen Komponisten Gerald Finzi hat dieses Lied jedoch eine erhabene Schönheit, die József Opicz eindrucksvoll wiederzugeben verstand.

Dass der Tod auch auf den Tasten zuhause sein kann, ließ Barnabás Kérges anschließend am Flügel erleben. Leoš Janàček hat mit seiner Klavier-Komposition „Smrt – der Tod“ eine gespenstische Tonfolge geschaffen, die gestaltlos durch den Raum geisterte. Doch mit einem Mal gewann sie an Kraft: Unter den überaus lebendigen Händen von Barnabás Kérges schwoll die Tondichtung martialisch an; bedrohlich sprang der Tod nun über die Tasten – bis ihm am Ende doch nur ein seichter Abgang blieb.

Mit Johannes Brahms` Ballade in d-Moll und einem Es-Moll-Intermezzo zeigte der junge Ungar erneut, wie virtuos er nicht nur in der Liedbegleitung auf der Orgel, sondern auch als Piano-Solist unterwegs ist. Erfrischend war dagegen die Sonata Quarta für Violine und Cembalo des österreichischen Komponisten Johann Heinrich Schmelzer, bei der die Geigerin Simone Gisinger-Hirn mit zum Teil volksliedhaften Anklängen die Lebensgeister zurückrief.

Im Anschluss an den Segen der Pfarrerin verabschiedeten sich die drei Musikschaffenden mit der Arie aus dem Bach Kantate „Vergnügte Ruh“ (BWV 170) von ihren Zuhörern. Die wiederum bedankten sich mit lang anhaltendem Applaus für das außergewöhnliche Erlebnis.

Ein gelungener Konzertabend in der Handschrift des Freundeskreises Kirchenmusik, zugleich ein festlicher Wendepunkt in Richtung Adventszeit.

Der junge ungarische Organist Barnabás Kérges begleitet einige Musikstücke am Orgelpositiv.

Kreiskantor József Opicz überzeugt in seinen Darbietungen als Altus-Solist.

Barnabás Kérges begleitet József Opicz am Klavier bei dessen Vortrag von Gerald Finzis "Come away, Death“

Die Geigerin Simone Gisinger-Hirn mit Johann Sebastian Bachs Adagio aus der Partita in g-Moll.