40 Jahre ganz Ohr: TelefonSeelsorge Ostwestfalen feiert großes Jubiläum

Erstellt am 06.03.2024

Um 9 Uhr morgens ging es los: Mit der Vormittagsschicht begann am 15. März 1984 die Arbeit der TelefonSeelsorge Ostwestfalen. Seitdem stehen die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der TelefonSeelsorge für die Sorgen und Nöte ihrer Mitmenschen bereit, jeden Tag, 24 Stunden lang, seit 40 Jahren. Um ihre Leistung zu würdigen, werden mit großer Unterstützung des Fördervereins nicht ein, sondern gleich mehrere Veranstaltungen im Jubiläumsjahr gefeiert. Los geht es mit einem Festgottesdienst mit Theopoetin Christina Brudereck, Superintendentin Goudefroy und dem Team der TelefonSeelsorge am 15. März um 17 Uhr in der Versöhnungskirche Werste.

Ein Spiegel der Gesellschaft

„Die TelefonSeelsorge ist ein Spiegel unserer Gesellschaft“, sagt Pfarrerin Petra Ottensmeyer, die zusammen mit ihrem Kollegen Martin Dohmstreich die TelefonSeelsorge im ganzen nördlichen Ostwestfalen und in Teilen des Landkreises Schaumburg in Niedersachsen leitet. Ihre Aussage stimmt in vielerlei Hinsicht: In den vier Jahrzehnten haben sich die Sorgen und Themen der Anrufenden, aber auch die Arbeitsweise und Technologien bei der TelefonSeelsorge geändert.

84 Männer und Frauen versehen ihren wichtigen Dienst bei der TelefonSeelsorge Ostwestfalen. Auch sie sind ein Spiegel der Gesellschaft, stammen aus allen Gesellschaftsschichten und pendeln aus dem gesamten Einzugsgebiet in die Zentrale in Bad Oeynhausen. Auch wenn ungleich mehr Frauen unter den Ehrenamtlichen vertreten sind, ist das doch kein Missverhältnis. „Auch bei unseren Anrufern haben wir ungefähr dreimal mehr Frauen als Männer“, erklärt Martin Dohmstreich. Zum Jahresende werden einige Ehrenamtliche das Team altersbedingt verlassen. „Jeder Generationenwechsel bedeutet einen Einschnitt“, sagt Petra Ottensmeyer mit Blick auf ihr eingeschworenes Team. Daher freut sie sich über den neuen Ausbildungsjahrgang, der im Sommer das Team wieder verstärken wird.

Vieles anders, manches gleich

Als vor vierzig Jahren die Vorgänger der heutigen TelefonSeelsorge aus Herford, Minden und Lübbecke zusammenkamen, stiegen 27 Ehrenamtliche aus der allerersten Ausbildungsrunde unter dem ersten Leiter, Pfarrer Johannes Lohmann, mit ein. Viel weniger als heute, doch freut sich Petra Ottensmeyer immer noch über jeden Zuwachs: „Wir brauchen heute ein größeres Team. Die Anforderungen sind größer, und es gibt mehr Bedarf nach Hilfe.“ Die Lebensumstände der Menschen an beiden Enden der Leitung haben sich in der heutigen schnelllebigen Zeit gewandelt. „Schon lange vor Corona und den anderen Krisen der letzten Jahre begann unser Anrufsaufkommen anzusteigen. Es ist kein Tabu mehr, um Hilfe zu bitten“, erklärt die Pfarrerin, die vor fünf Jahren die Leitung von ihrer Vorgängerin Petra Henning übernommen hat.

Auch die Sorgen und Nöte der Menschen haben sich verändert. Nach den Schocks der Coronazeit und dem russischen Überfall auf die Ukraine kehren aber auch altbekannte Themen zurück: Geldsorgen, Einsamkeit, körperliche und seelische Gesundheit. Als der englische Pfarrer Chad Varah vor 70 Jahren die Idee der Telefonseelsorge in Form der „Samaritans“ realisierte, ging es ihm um Suizidprävention. Heute ist das Spektrum wesentlich vielfältiger, ein Alleinstellungsmerkmal, wie Martin Dohmstreich erklärt. Es gäbe in der modernen Gesellschaft auch viel mehr Hilfsangebote, wie Notrufe bei häuslicher Gewalt. Aber bei der TelefonSeelsorge haben die Mitarbeitenden ein offenes Ohr für alle Themen. Daher sieht Martin Dohmstreich gerade die ehrenamtliche Arbeit als Gewinn für die TelefonSeelsorge: „Viele Anrufende kommen sogar aus einem therapeutischen Kontext und haben professionelle Unterstützung. Bei der TelefonSeelsorge können sie einfach als Menschen mit Menschen sprechen.“

Arbeit, die etwas zurückgibt

Es ist das menschliche Miteinander, dass auch die Ehrenamtlichen für ihre Arbeit motiviert.  „Die Arbeit gibt auch etwas zurück“, weiß Petra Ottensmeyer. Für viele ihrer Mitarbeitenden ist es die Möglichkeit, anderen zu helfen, aber auch, etwas für sich selbst zu lernen, sich weiterzuentwickeln. Eine Mitarbeitende feiert sogar mit der TelefonSeelsorge gemeinsames Jubiläum: Als Mitglied der ersten Gruppe ist sie seit 40 Jahren tags und nachts am Hörer dabei. Pfarrerin Ottensmeyer legt Wert darauf, diese Arbeit der Ehrenamtlichen wertzuschätzen und ihr Team zu unterstützen. Wichtigstes Mittel dabei sind die Reflexionsgruppen, in den die Mitarbeitenden sich austauschen und beraten können, aber auch die Weiterbildungsangebote und die Ausstattung in den wohnlich eingerichteten Räumen der TelefonSeelsorge sind Ausdruck dieser Wertschätzung. Hier haben alle Mitarbeitenden ihre Tasse, natürlich mit ihren Arbeitspseudonymen im Regal stehen. Petra Ottensmeyer betont: "Wohlfühlen ist bei unserer Arbeit wichtig.“

Zusammen mit ihrem hauptamtlichen Kollegen Martin Dohmstreich freut sie sich auf das Jubiläumsjahr: „Mit Unterstützung unseres Fördervereins haben wir verschiedene Veranstaltung geplant, mit denen wir auf die Menschen in der Region zugehen.“ Dabei sind ein Vortragsabend, ein Gospelkonzert mit Rehmissimo und ein Singegottesdienst im Advent, als Dankeschön für die Mitarbeitenden zum Tag des Ehrenamts.

Ein Baum, der seit 40 Jahren wächst: Petra Ottensmeyer mit dem Namensbaum ihres Teams

Alle Ehrenamtlichen bei der TelefonSeelsorge benutzen ein Pseudonym auf der Arbeit und auf ihren Tassen

Die Termine:

15. März, 17 Uhr, Versöhnungskirche Werste:
Dein Wort in Gottes Ohr
Festgottesdienst mit der Theopoetin Christina Brudereck, Superintendentin Dorothea Goudefroy und Pfarrerin Petra Ottensmeyer | Musik: Kirchenmusikdirektor Heinz-Hermann Grube
 

12. Juni, 19 Uhr, Gemeindehaus Lohe:
Kann man Sorgen teilen? Wie Angehörige und Freund*innen Menschen mit Depressionen begleiten können
Vortragsabend mit Dr. Stephan Blaschke, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Herford

 

28. September, 19 Uhr, Auferstehungskirche am Kurpark:
Bridge over troubled water
Gospelkonzert mit »Rehmissimo & Friends« (Leitung: Pit Witt) zugunsten der TelefonSeelsorge Ostwestfalen

 

5. Dezember, 18 Uhr, Kirche Eidinghausen:
Hört der Engel helle Lieder
Singe-Gottesdienst zum Advent mit Mitarbeitenden der TelefonSeelsorge Ostwestfalen | Musikalische Leitung: Kreiskantor József Opicz