Gespannte Blicke richteten sich zum Mittelgang, als die Thomaner in die Auferstehungskirche einzogen. Viele Freunde erstklassigen Chorgesangs hatten die Gelegenheit, den berühmten Knabenchor einmal live zu hören, der zeitgleichen Übertragung des zweiten Vorrundenspiels der deutschen WM-Elf in Russland vorgezogen und das als „Chormusik vom Feinsten“ angekündigte Konzert war ausverkauft.
„Hier wird meisterlich gesungen, dafür steht diese Mannschaft. Und dieses Konzert ist auf jeden Fall ein Gewinn“, sagte Kulturpfarrer Hartmut Birkelbach von „Kuk! Kirche und Kultur“ und begrüßte die über 500 Besucher. Auch für ihn ging mit dem Besuch des weltberühmten Leipziger Chores, der nur selten in Deutschland auf Tournee geht, nach mehrjähriger Vorbereitung ein Wunsch in Erfüllung.
Und die Erwartungen der Zuhörer wurden nicht enttäuscht. In sängerischer Topform, ausdrucksstark und zugleich dynamisch äußerst vielseitig brachten die Thomaner mit lupenreinen Harmonien und deutlicher Artikulation den Kirchraum zum Klingen. Bereits beim Auftaktstück, dem „Kyrie“ aus Frank Martins Messe für zwei vierstimmige Chöre, hätte man eine Stecknadel fallen hören können, so andächtig lauschten die Besucher.
Unter dem gestenreichen Dirigat von Thomaskantor Gotthold Schwarz sangen die über 90 Jungen im Alter zwischen neun und 18 Jahren hochkonzentriert und mit spürbarer Freude an der Musik. Sie meisterten nicht nur die dissonanten Herausforderungen in Frank Martins zeitgenössischer Messe. Souverän präsentierten sie auch Werke anderer Epochen, wie der barocken Motette „Das ist je gewißlich wahr“ von Heinrich Schütz und der spätromantischen „Fest- und Gedenksprüche“ von Johannes Brahms.
Auch Musik von Johann Sebastian Bach, des berühmtesten Thomaskantors in der mehr als 800jährigen Geschichte des Chores, durfte selbstverständlich nicht fehlen. Mit der Motette „Singet dem Herren ein neues Lied“ ließen die Thomaner das Konzert ausklingen. Den Basso Continuo übernahmen dabei, wie bereits zuvor beim Schütz, Hartmut Becker am Violoncello und Stefan Altner am Orgelpositiv.
Zuvor hatte Thomasorganist Ulrich Böhme die Zuhörer mit Orgelchorälen und besonders seiner virtuosen Interpretation von Bachs Klassiker „Toccata und Fuge d-Moll“ fasziniert, für die er mit jubelndem Beifall belohnt wurde. Auch die Thomaner bekamen minutenlangen Applaus. Mit „Also hat Gott die Welt geliebt“ von Heinrich Schütz als Zugabe verabschiedeten sich die Thomaner vom Bad Oeynhausener Publikum. Dazu reichte der Thomaskantor den Dirigentenstab an Max Gläser, einen der jungen Präfekten, weiter.
Während die Zuhörer, noch sichtbar ergriffen, langsam aus der Kirche strömten, eilten die jungen Sänger ins Dietrich-Bonhoeffer-Haus, um dort noch die zweite Halbzeit des WM-Spiels Deutschland gegen Schweden zu sehen. Wenn es um Fußball geht, sind auch Thomaner „ganz normale Jungs“.
Klangstark: Der weltberühmte Thomanerchor faszinierte beim Konzert in der Auferstehungskirche mit Chormusik verschiedener Epochen.