KuK! - Kirche und Kultur

Musikalische Entdeckungsreise: Begeisternder Abend mit dem Ariel Lazarus Ensemble in St. Stephan

Erstellt am 06.09.2023

Das Ariel Lazarus Ensemble in St. Stephan: Das bedeutete drei hochkarätige Musiker auf einem Parforceritt durch das musikalische Erbe der jüdischen Welt vom Atlasgebirge und Andalusien bis an den Golf von Aden, mit einem Abstecher nach Ostwestfalen. Das vom Kulturreferat KuK! des Kirchenkreises Vlotho unterstützte und von Kantorin Līga Auguste eingeleitete Konzert begeisterte das Publikum in Vlothos großer Stadtkirche nachhaltig.

Die Klänge waren ungewohnt, aber dadurch auch nicht gewöhnlich oder verwohnt. Schon die von Heinz-Hermann Grube, Kreiskantor des Kirchenkreises Lübbecke, an der Orgel angestimmte „Fantasie auf eine sephardische Melodie“ von Robert Starer hat die zu diesem letzten Konzert auf der Kurztournee des Ariel Lazarus Ensembles nach Vlotho gekommenen Zuschauer aus alten kirchenmusikalischen Hörgewohnheiten gerissen, und als Sahar David zum ersten Ton auf der Ney-Flöte ansetzte ging ein merkbarer Ruck durch das Publikum in St. Stephan.

Ein vielfältiges musikalisches Erbe

Zusammen mit seinem israelischen Kollegen und Multiinstrumentalisten David begann Ariel Lazarus, Komponist, Gitarrist und Leiter des Israeli Ladino Orchestra, eine musikalische Reise durch die jüdischen Welten rund um das Mittelmeer, dabei immer wieder zurückkehrend zur spanisch-sephardischen Musik seiner mütterlichen Vorfahren. Das traditionelle „La Serena“, von Ariel Lazarus mit viel Ausdruck auf ladinischem Spanisch gesungen, erstaunte mit dem ungewohnten sephardischen Zug in den vermeintlich vertraut klingenden andalusischen Tönen. Und noch beschwingter kam das marokkanisch-jüdische „Nitana“ daher. So mancher Besucher wurde von Ariel Lazarus’ Körpereinsatz an der Gitarre angesteckt und kam selbst ins Schwingen, während der Musiker den Moment mit einem Lächeln auf den Lippen genießen konnte.

Ariel Lazarus vereint nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich verschiedenste Traditionsstränge. Ein Urgroßvater, Max Lazarus, war als letzter jüdischer Kantor in Lübbecke 1939 entrechtet ins Exil getrieben worden. So war die Tour nach Ostwestfalen auch eine Rückkehr für Ariel Lazarus, der mit dem aschkenasischem Schabbeslied „Jedid Nefesch“ die Gebete seiner nordeuropäischen Vorfahren wieder aufleben ließ. Heinz-Hermann Grube, der nicht nur am Abend als Übersetzer für Ariel Lazarus agierte, sondern auch die persönliche Verbindung nach Lübbecke darstellte, nahm diesen Faden in einem Orgelintermezzo auf, das mit Stücken von Josef Löw und Ernest Bloch die in Mitteleuropa jäh und gewaltsam unterbrochene synagogale Orgeltradition aufgriff.

Von Gibraltar an den Golf von Aden

Die zweite Hälfte des Abends kehrte zurück in die sephardische Klangwelt mit dem eigens für das Auftaktkonzert der Tour geschriebenen „Shamain va Aretz“ und dem virtuosen Feuerwerk an der spanischen Gitarre „Gibraltarra“. Noch weiter in die Ferne strebte dann der Soloauftritt Sahar Davids, der das Konzert an einer Auswahl verschiedener Flöten und Schlaginstrumente begleitet hatte. Selbst aus jemenitisch-jüdischer Familie stammend brachte er eine neue melancholische Klangfarbe in seine Darbietung eines traditionellen Hochzeitslieds, die Bilder der Wüsten und Berge der arabischen Halbinsel in den Köpfen entstehen ließ. Mit dem abschließenden Lied des jüdischen Philosophen, Dichters und Enfant terrible Salomon ibn Gabirol aus den muslimischen Al-Andalus hat das Ariel Lazarus Ensemble das Publikum in St. Stephan auf eine Reise durch die Weltgegenden und Jahrhunderte mitgenommen, für die den Musikern aus Israel und Lübbecke langanhaltender Applaus entgegengebracht wurde.

Das Ariel Lazarus Ensemble (v.l.): Sahar David, Dr. Ariel Lazarus, KMD Heinz-Hermann Grube