Ein Drei-Sterne-Abend mit Gospel und Jazz

Ein Drei-Sterne-Abend mit Gospel und Jazz

Ein Drei-Sterne-Abend mit Gospel und Jazz

# Kirchenmusik

Ein Drei-Sterne-Abend mit Gospel und Jazz

Es war ein Erfolgskonzert mit Ansage: „Rejoice - Gospel meets Jazz“ brachte die drei vom Mindener Jazz- und Gospel-Meister Pit Witt geleiteten Chöre S(w)ing and Praise aus Lübbecke, den Jazzchor aus Minden und Rehmissimo aus Bad Oeynhausen zusammen auf eine Bühne. Der Abend in der Auferstehungskirche am Kurpark zeigte die Vielfalt des modernen Gospels und ruft nach Wiederholung.

Lange bevor die Türen der Auferstehungskirche geöffnet wurden, zog sich die Schlange der wartenden Gospelfans bis hinunter zum Eingang des Kurparks. In der Kirche, wo sich die Sängerinnen und Sänger auf die kommenden zwei Stunden voller Musik vorbereiteten, entfaltete sich währenddessen eine Mischung aus Anspannung und ausgelassener Klassentreffen-Atmosphäre: Für alle drei Chöre war das Dreifachkonzert eine besondere Erfahrung und eine Feier ihres gemeinsamen Chorleiters, Pit Witt.

Nach einer Begrüßung durch Petra Henning, der Chorsprecherin von Rehmissimo und treibenden Kraft hinter dem Konzertabend, ging es gleich zur Sache: S(w)ing and Praise aus Lübbecke durften durch das Publikum einzuziehen, begleitet vom kurzfristig mit an Bord gekommenen Michael Wagener am Cajon, was gleich einen Vorgeschmack auf den Charakter des Abends gab: Rhythmusgefühl und stimmliche Präsenz, verbunden mit einer ordentlichen Prise guter Stimmung.

Im Arrangement des Hannoveraner Gospelallrounders Micha Keding, dessen Arbeiten den ganzen Abend durchzogen, verband das erste Stück, „Akekho ofana no Jesu“, die Botschaft des afrikanischen Gemeindelieds mit einem ansteckenden Gefühl der Tanzbarkeit. Das folgende „You are Holy“ unterstrich den Worship-Charakter des Gospels, ohne in Stereotype zu verfallen. Durch den ganzen Abend stand Gospel für moderne, energiereiche und tief gefühlte, christliche Chormusik. Inniger dann „I almost let go“, Kurt Carrs dramatisches Stück, das zwischen Verzweiflung und Hoffnung changiert. Von Rehmissimo beim Jubiläumskonzert der TelefonSeelsorge überzeugend als dramaturgischer Dialog der Stimmen aufgeführt, wurde das Stück bei S(w)ing and Praise kleiner, stiller, mit viel Gefühl gesungen, und durchsetzt mit plötzlichen, bewusst irritierenden Pausen. Wie ein Befreiungsschlag wirkte dann „The Road“ von Danny Plett, bei dem S(w)ing and Praise voll in ihrem Element waren, stimm- und tatkräftig unterstützt vom Solistentrio Meike Knost, Annette Wittemeier und Christin Tesdorff.

Ohne lange Pause ging es weiter mit dem Mindener Jazzchor. Für Pit Witts ältestes Projekt, schon 1989 aus seiner Arbeit an der Musikschule Minden entstanden, ist Gospel immer noch Neuland, wie der Chorleiter scherzend zugab. Auf Jazzchor-Terrain führte er seine Mitstreiter daher erst: „Words“ von Anders Edenroths „The Real Group“ brachte (wort-) spielerische Melodik und zeigte, wofür der Jazzchor steht: Harmonie, Experimentierfreude und eine ordentliche Dosis gute Laune. Bei „Soul Food to Go“ von „The Manhattan Transfer“ zeigte der Jazzchor dann seine Gospel-Fähigkeiten. „New Orleans, Gumbo, Oprah“ versprach Pit Witt und nahm seinen Chor mit auf einen kleinen musikalischen Ausflug nach Louisiana. Ganz anders „Seaside Rendezvous“ von Queens 1975er Album „A Night at the Opera“. Das von Humor durchsetzte Stück brachte ein Novum für die Auferstehungskirche am Kurpark: ein ganzer Chor aus fröhlich trötenden Kazoos.

Die Lokalmatadoren von Rehmissimo folgten an dritter Stelle. Nach dem bewegten, rhythmischen „Move, Spirit Move“ aus der Gospel-Messe von Helmut Jost schaltete Rehmissimo einen Gang hinunter und ließ sich ganz auf das gleichzeitig besinnliche und ausdrucksstarke Kyrie aus Tjark Baumanns „Missa 4 Youth“ ein, ein Stück mit dem Potential zum Kirchenmusikklassiker der Zukunft. Mit „You are the Light“ kam wieder Micha Kedings moderner Gospel zum Zug, bevor „My Promise“ von Joakim Arenius inhaltlich auftrumpfte. Das lange, intensive Stück spricht von Christus’ Versprechen, bis zum Ende der Tage an der Seite der Menschen zu sein, besonders markant durch den immer wieder kommenden Ruf „This is my promise“ aus den Tenorstimmen - ein Ausrufezeichen für die christliche Botschaft des Konzertabends.

Eindeutiges Highlight des Abends war jedoch der Abschluss, zu dem alle drei Chöre zusammenkamen. Sie füllten die im Altarraum der Kirche aufgebaute Bühne bis auf den letzten Platz. Mit dem bunten Durcheinander der Chorkleidung - rot bei Rehmissimo, goldgelb beim Jazzchor und weißblau bei S(w)ing and Praise - und der guten Laune, die die Masse der Sängerinnen und Sänger durchzog, erhielt das Ganze den Charakter eines spontanen Happenings oder Flashmobs, ohne jedoch die Genauigkeit und Qualität des Gesangs zu schmälern. Das namensgebende Stück des Abends, Micha Kedings „Rejoice“, zeigte sofort die Wucht, die 130 Stimmen mitbringen, gefolgt vom gefühlvollen „Soon be done“, unterstützt durch die verschiedenen Solisten der Chöre und Katja Steffen am Saxophon. Wucht genug auch für ein politisches Statement-Stück, das sich die drei Chöre bewusst für den Abend vorgenommen hatten. „Laut sein“ von Oliver Gies von Maybebop machte eine klare Ansage: Nicht nur Chöre auf der Bühne sollten in dieser Zeit ihren Mund aufmachen.

Der Abend endete mit Tore Aas’ Arrangement „Bridge over Troubled Water“. Der Klassiker von Simon and Garfunkel gehört schon bei Rehmissimo zu den absoluten Publikumsfavoriten, und er wurde in der dreifach verstärkten Version des Abends entsprechend gefeiert. Natürlich blieb trotz des langanhaltenden Applauses und Danks für die vielen Helferinnen und Helfer, die den Abend möglich gemacht hatte, Zeit für eine Zugabe. Christopher Yins Grammy-prämiertes „Baba Yetu“ ist eine Swahili-Version des Vaterunser und brachte die ganze Auferstehungskirche noch einmal auf die Beine. Hier hatte der Mindener Solist Markus Jun, flankiert von Christin Tesdorff von S(w)ing and Praise, seinen Moment im Rampenlicht. Mit Energie und stimmlicher Akrobatik steckte er die Sängerinnen und Sänger auf der Bühne und das Publikum an und setzte so ein letztes Ausrufezeichen eines denkwürdigen Chorabends. 

Impressionen vom Konzert

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