Zwei Stunden barocke Weihnacht
Musikalische Sternstunden beim Weihnachtsoratorium in Vlotho
Schon 2017 dabei war Andreas Fischer, der als Evangelist das Publikum durch die Weihnachtsgeschichte leitete. Der erfahrene Tenor begeisterte schon damals mit der Klarheit seiner Stimme - eine Qualität, die ihm auch fast ein Jahrzehnt später nicht abhanden gekommen ist. Mit seinem ungewöhnlich sauberen Gesang und Präzision besonders in den narrativen Momenten half er dem Publikum, der Geschichte zu folgen. In den Arien dann, die Bach dem mit den Rezitativen schon gut ausgelasteten Tenor zusätzlich gab, zeigte Andreas Fischer Wärme und emotionalen Ausdruck, die man vom höflich zurückhaltend auftretenden Sänger erst nicht erwartet.
Auch seine Mit-Solisten feierten den Abend. Kreiskantor József Opicz begeisterte mit seinem ungewöhnlichen Alt, der gleich in der ersten Kantate voll zum Einsatz kam. Er und die Sopranistin Irina Trutneva genossen sichtlich das von Līga Auguste-Meier gewählte, nicht übereilte Tempo, das ihnen erlaubte, jeden Ton voll auszusingen. Trutneva glänzte besonders in der Arie „Flößt, mein Heiland“. Bach hat diese Arie als internes Zwiegespräch gestaltet, in dem die Sopranistin sich selbst antwortet, in Vlotho mit Simone Jungmann als Echo-Sopran. Dieser musikalische Kniff verstärkte nicht nur die von Irina Trutneva ausgedrückte Emotionalität der Arie, sondern zeigte auch die humorvolle Seite des Leipziger Barockgiganten. Mathis Koch, der als vierter Solist seine Mitstreiter um eine Kopflänge überragte, ging mit seinem Bass-Bariton nicht in die von ihm gewohnten Tiefen. Stattdessen zielte auch er auf eine saubere Verständlichkeit der Inhalte.
Getragen wurde alles von einem weiteren Gast des Abends, Hans-Martin Kiefer. Der Kantor und Organist aus Bünde hat als Dozent an der Hochschule für Kirchenmusik eine Generation Musiker mitgeprägt, darunter die Vlothoer Kantorin. Mit unermüdlicher Arbeit am Orgelpositiv baute er mit dem Generalbass das musikalische Fundament des Abends, auf dem die Solisten und die Instrumentalisten um ihn herum strahlen durften, unterstützt von Tomoko Yano-Ebmeyers Fagott. Beide ließen Raum für die Streicher um Simone Gisinger-Hirn, die Oboen von Judith Schaible und Andrea Filz oder die Gruppe der Barocktrompeten. Letztere waren nicht nur für die häufigen Fanfaren zuständig, sondern setzten auch einzelne solistische Ausrufezeichen mit dem ungewohnten Klang der nach barocken Vorbildern konstruierten Instrumente.