
18/08/2025 0 Kommentare
Versteckte Perlen
Versteckte Perlen
# Andacht

Versteckte Perlen
Ihr Lieben in dieser schönen Sommerzeit,
vor einigen Tagen war ich mit einer Seniorengruppe des Evangelischen Kirchenkreises Vlotho auf Reisen in Moritzburg bei Dresden.
Wir hatten eine schöne Unterkunft, genossen die Gemeinschaft und unternahmen verschiedene Ausflüge in die Umgebung. Eines Morgens brachen wir in Richtung Elbsandsteingebirge auf. Der Bus brachte uns nach Königstein, auf einem historischen Dampfschiff erreichten wir die Stadt Pirna und erkundeten die hergerichteten Gassen der Altstadt. Blumenkästen verzierten die Häuser, Erzgebirgisches Kunsthandwerk wurde hinter gemütlichen Sprossenfenstern zum Kauf angeboten, Cafés luden zur Einkehr ein. Schön hatten wir es.
Bereits beim Betreten der Stadt fielen mir kleine Kreuze auf. In bunten Farben waren sie in langer Reihe auf den Boden gesprüht, wie eine Girlande. Sie zog sich am Bürgersteig entlang, lief über die Straße, an der Kirche vorbei – wunderschön sah das aus.
Wir fragten uns, was die Kreuze wohl zu bedeuten haben. Vielleicht haben sie zur Einschulung geleitet, war eine Vermutung.
Auf dem Rückweg zum Bus wollte ich die Kreuze fotografieren. Im Herabbeugen, um den besten Bildausschnitt zu treffen, sprach mich eine Frau an. Freundlich fragte sie mich, ob ich wüsste, was die Kreuze bedeuten. Ich verneinte, und sie begann zu erzählen.
Es habe im Dritten Reich in Pirna die „Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein“ gegeben. 14.751 als krank und behindert eingestufte Frauen, Männer und Kinder waren dort als „lebensunwert“ vergast worden. 14.751 Kreuze habe man 2002 auf den Boden der Stadt aufgesprüht – für jeden der ermordeten Menschen ein Kreuz. Gegen das Vergessen und zur Erinnerung an jedes einzelne Menschenleben.
Das hat mich tief berührt. Wie dankbar bin ich dieser Frau dafür, dass sie mich aufmerksam machte.
Das Reich Gottes gleicht einem Schatz heißt es in der Bibel bei Matthäus (13,44). Wenn ich es entdecke, kann ich mich darauf ausrichten. Ebenso, schreibt Matthäus, gleicht es einem Kaufmann, der schöne Perlen sucht.
„Er entdeckte eine besonders wertvolle Perle. Da ging er los und verkaufte alles, was er hatte. Dann kaufte er diese Perle.“ (Mt. 13,45)
Gott selbst ist der Kaufmann, er sehnt sich nach dem Wertvollsten, was er sich vorstellen kann. Er entdeckt es und bezahlt dafür mit dem Leben seines Sohnes. Diese Perle bist du, sind Sie, bin ich. Jeder Mensch ist so wertvoll für Gott, wie die schönste Perle für den Kaufmann.
Vergessen wir das nicht! Jeder einzelne Mensch ist wertvoll, egal wie krank oder gesund, versehrt, welchen Alters und welcher Herkunft jemand ist. Wir Menschen sind verschieden. Und wir sind geliebt und geschaffen von Gott, wunderbar begabt und einzigartig.
Bleiben Sie behütet und aufmerksam!
Zuerst erschienen im Westfalen-Blatt, 16. August 2025
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