Ein Schlusspunkt zum Jahresende

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Ein Schlusspunkt zum Jahresende

Mit einem allerletzten Läuten der Glocken hat sich die Möllberger Kirche verabschiedet: in einem feierlichen Gottesdienst wurde die 1962 eingeweihte Kirche entwidmet. Es war der „Endpunkt einer langen Entwicklung“, erklärte Pfarrer Torsten Willimczik. Das Gemeindeleben geht im benachbarten Pfarrhaus und mit anderen Angeboten in Porta Westfalica-Süd weiter. Die Pläne für das Gelände an der Möllberger Straße sind noch nicht finalisiert. Ein Rückbau und Umnutzung als Wohnbebauung stehen im Raum.

Bis auf den letzten Platz war die Kirche mit Menschen aus Möllbergen und der ganzen Kirchengemeinde besetzt. Sie waren gekommen, um im von Katharina Kenter-Töns, Lydia Seitz und Torsten Willimczik geleiteten Gottesdienst Abschied von ihrem Kirchengebäude zu nehmen. Der Posaunenchor und der Kirchenchor Holzhausen-Möllbergen, mit Kreiskantor József Opicz an der Orgel, begleiteten den Gottesdienst musikalisch. 

Ein Frauenchor singt in einer Kirche, gesehen über die Schulter der Dirigentin.

In seiner Predigt erklärte Pfarrer Willimczik noch einmal die Hintergründe: In den letzten fünfzig Jahren hat sich die Zahl der Gemeindeglieder halbiert. „Zu viele Quadratmeter für zu wenige Menschen“ seien es, besonders bei steigenden Kosten für Betrieb und Substanzerhalt der Gebäude. Im Frühjahr 2024 hatte der Bevollmächtigtenausschuss der neuen Kirchengemeinde daher entschieden, sich von einigen Gebäuden zu trennen. Der Entschluss war der Gemeinde in einer Versammlung im April vorgestellt worden. Seitdem waren die Tage der Möllberger Kirche gezählt. Versuche, das Gebäude an eine andere Glaubensgemeinschaft oder andere Nachnutzer weiterzugeben, sind gescheitert, wie Torsten Willimczik offen darlegte. Die Entwidmung wurde beschlossen.

Eine Menschenmenge bei trüben Wetter vor einer hell erleuchteten Kirche.

Für Torsten Willimczik, der gerade erst 25 Jahre vor Ort in Möllbergen feiern konnte, war es ein schwerer Schritt. Obwohl er für den ganzen Südosten der Gemeinde verantwortlich ist und überall, oft auf dem Fahrrad, unterwegs zu sein scheint, wird er als der Möllberger Pfarrer wahrgenommen. So überraschte es nicht, dass der Dank der Superintendentin Dorothea Goudefroy an ihn und seine Frau Bettina mit spontanem Applaus der Gemeinde quittiert wurde. Dennoch musste er in seiner Predigt mitteilen: „Nach diesem Gottesdienst wird hier nichts mehr stattfinden.“ Damit enden 75 Jahre kirchlicher Geschichte auf dem Gelände an der Möllberger Straße.

Ein Ort voller (Vor-)Geschichte

Am 26. August 1962 war die Kirche eingeweiht worden. Dass Möllbergen eine eigene Kirche haben würde, ging nicht zuletzt auf die Initiative der Frauenhilfe zurück, deren heutige Bezirksvorsitzende Bettina Willimczik ist. „Möllbergen erhält eine soziale Schule“, titelte das Mindener Tageblatt im Dezember 1950. Die ehrgeizigen Pläne der Frauenhilfe sahen Ausbildung in Handwerk, Haus- und Landwirtschaft und Kurse für Erwerbslose in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt vor. Für den Gemeindebezirk Möllbergen brachte der Vorstoss aber auch einen eigenen Gemeindesaal, in dem Gottesdienst gefeiert werden konnte. Ein Harmonium wurde ausgeliehen, und im Februar 1951 ging es los: Alle vierzehn Tage feierte Pfarrer Arning im ehemaligen Gewerbegebäude Gottesdienst. Ein Jahrzehnt später wurde aus dem Gemeindesaal die Kirche für den Möllberger Bezirk.

Es lagen bereits Jahrzehnte einer wechselvollen Geschichte hinter dem Flurstück. Der ehemalige Hof der Familie Meyer war in den zwanziger Jahren Schauplatz eines Kriminalfalles, der landesweit Schlagzeilen machte. Brandstiftung, Ehebruch, sogar ein vermeintlicher Kindsmord wurde den Hofbesitzern angelastet - zu Unrecht, wie sich viel zu spät herausstellte. Auch wenn Zweifel bestanden und der Fall über Jahre immer wieder aufgerollt wurde, war die Familie Meyer wirtschaftlich und persönlich ruiniert. 

Ihr Hof wurde an einen Unternehmer verkauft. Hier verarbeiteten bald 120 Angestellte der Tabakfermentierfabrik Tümmler und Co. Tabak aus dem ganzen Mühlenkreis, Herford und sogar vom Niederrhein. Doch auch diesem Betrieb war kein Glück beschieden: Im März 1950 ging Tümmler in Konkurs. 800 Zulieferer blieben auf ihren Forderungen sitzen. Die Insolvenzverhandlungen zogen sich noch Jahre hin. Aber für die Betriebsstätte wurde mit Gemeindesaal und Kirche eine Weiternutzung gefunden, die 75 Jahre lang Bestand hatte.

Auszug mit Kaffeegedeck 

Zum Abschluss des Entwidmungsgottesdienstes zogen die Vertreter der Gemeinde mit einigen symbolträchtigen Gegenständen ein letztes Mal aus der Kirche aus. Neben Taufkanne und Altarbibel befand sich darunter eine Möllberger Besonderheit: Ein Tablett mit Kaffeegedeck, Sahnekännchen inbegriffen. Es stand für die gemeinsamen Stunden im angrenzenden Gemeindehaus, die von Gemeindegruppen und besonders der örtlichen Frauenhilfe organisiert wurden.

Mehrere Menschen halten verschiedene Gegenstände vor einem Altar.


Den Möllberger Gemeindegliedern bleiben im Pfarrhaus und in den anderen Bezirken andere Orte, um diese Gemeinschaft weiterzuführen. Nicht als Gäste, sondern als Teil der größeren Gemeinschaft, erklärte Superintendentin Goudefroy vor dem Auszug: „Gemeinde bleibt“. 

Eine Menschenmenge bei trüben Wetter vor einer hell erleuchteten Kirche.

Ein Blick in eine leere Kirche. Im Vordergrund drei nicht brennende Kerzen.

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