03/03/2025 0 Kommentare
Lassen Sie uns reden!
Lassen Sie uns reden!
# Andacht

Lassen Sie uns reden!
Am letzten Sonntag erhielt eine Partei, deren Vertreter sich oft gegen unsere freie, demokratische und vielfältige Gesellschaft aussprechen und die in Teilen als rechtsextrem bezeichnet werden darf, ein Fünftel der Stimmen. Lassen Sie uns darüber reden!
Denn ich bin darüber entsetzt. Sollte ich mich als Pastorin in die Wahlentscheidung meiner Mitmenschen einmischen? Eigentlich nicht. Aber wenn Sie sich auch als Christenmensch verstehen – und sonst würden Sie diese Kolumne vermutlich gar nicht lesen – dann sollten wir, dann müssen wir darüber reden.
Lassen Sie uns gemeinsam auf die Botschaft unseres Glaubens schauen:
Soziale Gerechtigkeit ist ein Grundanliegen der Bibel. Einzutreten für die Schwachen zieht sich wie ein roter Faden durch das Alte und Neue Testament. Für bürgerliche Freiheit einzutreten ist auch ein wichtiges biblisches Anliegen, denn „Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit.“ Leider haben die Kirchen das oft nicht getan.
Die Umwelt zu schützen und den Klimawandel zu bremsen ist ebenfalls ein Grundanliegen der Bibel. Gott braucht uns, die Schöpfung zu bebauen und zu bewahren. Bewahren – darum kann sich auch konservative Politik mit gutem Recht auf die Bibel berufen. Das Gute, das, was sich bewährt hat, sollen wir beschützen und behalten.
Aber ein Einstecktuch und ein Rollkragenpullover reichen nicht, um in diesem Sinne konservativ zu sein. Und wer Menschen pauschal verurteilt aufgrund ihrer Herkunft und bewusst den Nationalsozialismus immer wieder verharmlost, verhöhnt Millionen von Ermordeten und unendliches Leid in unserem Land, von dem die ganz Alten noch erzählen können.
Es gibt also ein breites Spektrum, wo Christenmenschen sich politisch engagieren können und auch sollen. „Der Stadt Bestes suchen“ ist christlicher Auftrag. Widerstand gegen Menschenverachtung ist es auch.
Darum bitte ich Sie: Lassen Sie sich nicht von Ihrem Ärger auf die Politik leiten – so begründet der oft auch sein mag – sondern lassen Sie uns miteinander reden! Lassen Sie uns miteinander streiten, aber mit Respekt voreinander und vor der gleichen Würde aller Menschen! Und treffen Sie Entscheidungen, die sich mit Ihrem christlichen Gewissen vereinbaren lassen!
Zuerst erschienen im Westfalen-Blatt, 1. März 2025
Kommentare