Abschied von einem Stück eigener Geschichte

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Abschied von einem Stück eigener Geschichte

Mit einem letzten feierlichen Gottesdienst hat sich die Ev. Kirchengemeinde Vlotho von der Kreuzkirche, die seit 1969 den Wehrendorfern eine kirchliche Heimat geboten hat, verabschiedet.

Unter dem dunklen Holz des Kirchenschiffs und im wechselnden Licht des unsteten Aprilwetters hatten sich die Bankreihen schon vor dem Gottesdienst gefüllt. Die Menschen waren gekommen, um sich in einem Gottesdienst von ihrem Kirchgebäude zu verabschieden, der auch traurige Momente zuließ, aber immer wieder die gute Gemeinschaft in Wehrendorf betonte.

Pfarrer Christoph Beyer, der zusammen mit seinen Pfarrkolleginnen Geeske Brinkmann und Renate Wefers und Superintendentin Dorothea Goudefroy den Abschiedsgottesdienst leitete, ging mit der Gemeinde auf einen gedachten Spaziergang durch die Kirche: Der besondere Geruch des Holzbaus, der an die Stabkirchen Skandinaviens erinnert, die Einrichtung mit dem markanten Altar und Kruzifix und die großen Fenster, die Licht und Natur in die oft dunkle Kirche holen. 

Vor dem Gottesdienst wurden alle Gemeindeglieder eingeladen, ihre eigenen Erinnerungen aufzuschreiben und sie dann an die beiden großen Fenster beim Taufstein zu hängen. Abwechselnd lasen Pfarrer Christoph Beyer und Pfarrerinnen Renate Wefers und Geeske Brinkmann daraus vor: An Trauungen, Taufen und Beerdigungen wurde erinnert, aber auch an Gemeindefeste und immer wieder an Musik, an Bläserkreis, Kirchenchor, Gospelchor und an viele Konzerte, die auch aus den anderen Bezirken Vlothos Menschen nach Wehrendorf lockten. 

In seiner Predigt sprach Christoph Beyer sehr persönlich über die Wehrendorfer Kirche, und manchmal wusste man nicht, ob er über das Gebäude oder über die lokale Gemeinde sprach: Es sei eine Kirche mit Ecken und Kanten, eine Kirche, die die Zeitgeschichte der Bundesrepublik spiegelte. Am Anfang standen Kriegsfolgen und zaghafter Neustart: Ursprünglich als Notkirche für die abgebrannte Auferstehungskirche am Kurpark Bad Oeynhausen erbaut, kam die Kirche erst 1969 nach Wehrendorf. Es war, für Kirchen und Kommunen, eine Zeit des Aufbruchs und Wachstums. „Goldene Zeiten“, so Christoph Beyer, wurden erwartet. Für die wachsende Bevölkerung in den Neubaugebieten kam daher die Kreuzkirche, als Baukastensystem entworfen und in Bad Oeynhausen nicht mehr benötigt, auf der Ladefläche eines LKWs hoch nach Wehrendorf. 

Jetzt steht die nächste Ära an: Die Gemeinde wächst nicht mehr, neue Lösungen müssen gefunden werden, um das immer noch sehr aktive Gemeindeleben nicht mit alten Lasten zu beschweren. „Drastische Veränderungen“ würden jetzt erlebt, und vieles sei bitter. Mit solchen Veränderungen gehen auch viele Diskussionen einher, und Christoph Beyer mahnte in seiner Predigt eine gute Streitkultur an, die er so auch bereits in Wehrendorf erlebt hat. Die intensiv diskutierte Entscheidung, das Gemeindeleben hauptsächlich an St. Stephan in der Innenstadt zu konzentrieren, bedeutet den Abschied von einzelnen Gebäuden in den anderen Bezirken. Die Kreuzkirche in Wehrendorf ist die erste Gottesdienststätte, die in diesem Zuge aufgegeben wurde.

Wehrendorf kennt sich mit Veränderungen aus: Schon vor Jahren war Pfarrer Rainer Labie war gekommen, um die Gemeinde durch eine schwierige Phase zu lotsen, und er blieb mehr als ein Jahrzehnt. „Ich habe hier meine Frau kennengelernt, und wir haben in dieser Kirche geheiratet“, erzählt der mittlerweile im Ruhestand weilende Wahl-Wehrendorfer. Er blickt mit Optimismus in die Zukunft, denn er nimmt dasselbe Engagement und Gemeinschaftsgefühl wahr wie zu seiner Ankunft. Auch Christoph Beyer teilt diesen Blick nach vorn: „Ich bin neugierig, wie es weitergeht.“

Zum Abschluss des Gottesdiensts blieb ein wichtiger Akt. Die Ausstattung musste aus der Kirche gebracht werden. Die Vertreter der Gemeindeleitung und das Pfarrteam nahmen ihre zugewiesenen Gegenstände: Bibel, Osterkerze, den Deckel des von Theodor Henke gestalteten Taufsteins, das 1937 von Gemeindegliedern mit Silberspenden gestiftete Hausabendmahlsgerät und den Segensstein aus der ehemaligen Partnergemeinde in Kamern, Sachsen-Anhalt. Superintendentin Goudefroy löschte die Kerzen, bevor die Gegenstände feierlich aus der Kirche herausgetragen wurden.

Auf dem Vorplatz warteten schon die vereinigten Bläser aus Wehrendorf und Holtrup-Uffeln, die zusammen mit Kantorin Līga Auguste an der Orgel den Gottesdienst musikalisch gefühlvoll begleitet hatten. Ein letztes Lied und ein letzter Segen durch Superintendentin Dorothea Goudefroy folgten, dann wurde der versammelten Gemeinde Zeit gelassen, um den Moment gemeinsam zu erleben und in Erinnerungen zu schwelgen.

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