Immer ein offenes Ohr: Bei der TelefonSeelsorge OWL helfen Ehrenamtliche ihren Mitmenschen

Erstellt am 01.08.2022

Die TelefonSeelsorge Ostwestfalen unterstützt Anrufer aus der Region dabei, schwierige Lebenslagen zu bewältigen. Für viele Menschen sind die Ehrenamtlichen am anderen Ende der Leitung Rettungsanker in Sturm und Not. Pfarrerin Petra Ottensmeyer, Leiterin der TelefonSeelsorge Ostwestfalen, freut sich für den nächsten Ausbildungsgang im Herbst auf empathiebegabte Menschen, die diese wichtige Aufgabe annehmen möchten.

Seit Pfarrer Chad Varrah am 2. November 1953 den historischen ersten Anruf in der Krypta der Kirche St. Stephen Walbrook in London entgegennahm, hat sich die Telefonseelsorge zu einem der weltweit wichtigsten Angebote für Menschen in Not entwickelt. In Deutschland sind über 100 regionale Stellen im Dachverband Telefonseelsorge Deutschland e.V. organisiert. Die TelefonSeelsorge OWL ist Teil dieses Verbands und betreut seit März 1984 von ihrem Sitz in Bad Oeynhausen aus Anrufer aus den Kreisen Minden-Lübbecke, Herford, dem westlichen Schaumburg und den südlichen Ortschaften des Kreises Nienburg.

Pfarrerin Petra Ottensmeyer leitet mit der tatkräftigen Unterstützung von Kornelia Nolte und Dipl.-Päd. Martin Dohmstreich ein Team von rund 80 Ehrenamtlichen mit den verschiedensten Hintergründen: Sie sind von rund 40 bis über 80 Jahre alt, kommen aus sozialen Berufen ebenso wie aus technischen, und bleiben oft über Jahre, in einzelnen Fällen sogar Vierteljahrhunderte bei ihrem Ehrenamt. “Diese Vielfalt ist der Schatz der Telefonseelsorge”, betont Petra Ottensmeyer, die selbst als Ehrenamtliche ihren ersten Kontakt mit dem Angebot hatte, lange bevor sie 2019 die Leitung von Petra Henning übernahm. Knapp 20 Anrufe erreichen das Team täglich. Die Mehrheit der Anrufer ist alleinstehend. Viele sind in der zweiten Lebenshälfte; zwei Drittel sind weiblich. Dennoch sind die Anrufer ebenso divers wie das Team der TelefonSeelsorge: Bei den Ehrenamtlichen melden sich Teenager, die sich selbst verletzen, Alleinstehende, die einen einsamen Lebensabend fürchten, oder auf den ersten Blick fest im Leben stehende Menschen, die einfach nicht mehr weiter wissen. Was sie verbindet, ist der Wunsch nach einem anderen Menschen, der ihnen zuhört. Einsamkeit ist und bleibt eine der meistgenannten Sorgen der Anrufer.

Corona, Krieg, Lebensnöte: Telefonseelsorge wichtiger denn je

Die TelefonSeelsorge Ostwestfalen hat in den 38 Jahren ihres Bestehens geholfen, den Menschen diese Last abzunehmen, und sicher auch ihren Teil dazu beigetragen, Fälle von Selbsttötungen auf ein historisch niedriges Niveau zu bringen. Doch machen sich die großen und kleinen Sorgen und gesellschaftlichen Umbrüche der letzten Jahre bemerkbar, und der Bedarf nach seelsorgerischer Unterstützung und Krisenintervention wächst wieder merklich. Eine Studie von Freiburger Forschern hatte schon zu Beginn der Corona-Pandemie einen markanten Anstieg ausgemacht. Bundesweit sprang die Zahl der Anrufe bereits vor dem Lockdown von 1700 auf fast 2400 pro Tag. Einsamkeit, Suchtprobleme und, gerade in dieser Zeit, akute Ängste beschäftigten die Anrufer. Die für die Telefonseelsorger immer präsenten Geldsorgen traten kurzfristig in den Hintergrund, aber sie kehren nun in Zeiten von Inflation, Krieg und Versorgungsengpässen mit Wucht zurück: “Die Menschen sorgen sich: Kommt jetzt der Krieg zu uns? Oder auch einfach: Wie komme ich durch den nächsten Winter?”, weiß Petra Ottensmeyer.

Zur Verstärkung ihres Teams sucht sie neue Ehrenamtliche. Die angehenden Telefonseelsorger erhalten intensive Unterstützung und Vorbereitung auf den oft anspruchsvollen, aber immer sinnhaften und wertgeschätzten Dienst am Telefon. Nach einem Kennenlernen und Praxistag folgt, wenn es für beide Seiten passt, eine 15-monatige Ausbildung in rund 150 Sunden, bevor sich die neuen Teammitglieder ihrer wichtigen neuen Arbeit widmen können. Sie lernen die Praxis sowie die Prinzipien der Telefonseelsorge, wie die Urteilsfreiheit oder die vorbehaltlose Verpflichtung zur Anonymität und Verschwiegenheit. Mit regelmäßigen Reflexionsrunden und viel gegenseitiger Unterstützung stärken sich die Ehrenamtlichen im Team. In durchschnittlich zwölf bis 14 Stunden im Monat, ob im selbstgesteuerten Dienst in den Nachtstunden oder zusammen in den Tagschichten im eingeschworenen Team, erwartet die Telefonseelsorger oft das Unerwartete. Am Telefon oder in der Chatberatung: Jeder Fall ist anders, und gerade die Vielfalt der Lebenslagen reizt die Ehrenamtlichen: “Manche Anrufer möchten nur kurz wissen: Da ist jemand, der mich hört. Anderen helfen wir länger, ihren Tag zu ordnen und ihre Sorgen einzuordnen. Oft reicht das schon, um wieder im Leben Fuß zu fassen.

Interessenten können sich bis zum 25. September beim Team der TelefonSeelsorge Ostwestfalen telefonisch unter 05731/3185 oder per Email an info@telefonseelsorge-ostwestfalen.de melden. Die Berater der Telefonseelsorge selbst sind jederzeit und kostenfrei unter 0800/1110111 oder der international einheitlichen Nummer 116123 erreichbar.

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Pfarrerin Petra Ottensmeyer hofft, dass ihr Teambaum bald neue Früchte trägt

Ein Platz für jeden Ehrenamtlichen: In der Zentrale der TelefonSeelsorge OWL wird im Team gearbeitet, reflektiert und die gemeinsame Zeit genossen