Von der Weser in den Harz: Pfarrer Jörg Uwe Pehle feierlich in Vlotho verabschiedet

Erstellt am 29.11.2022

Mit einem besonderen Gottesdienst hat sich die Kirchengemeinde St. Stephan in Vlotho von ihrem Pfarrer Jörg Uwe Pehle verabschiedet, der die Stadt nach sechs Jahren verlässt, um ab dem 1. Dezember neue Aufgaben im Oberharz anzunehmen.

Superintendentin Dorothea Goudefroy leitete die zahlreich erschienenen Besucher durch einen Gottesdienst, bei dem Dank, nicht der Abschied als das Hauptmotiv erschien. Passend zur Adventszeit ging es um Aufbruch und Ankunft, um das “Advent-ure”, das vor Jörg Uwe Pehle und seinem Mann liegt, wenn sie in ihrem neuen Zuhause ankommen, mit Christus an ihrer Seite und mit dem Dank der Gemeinde im Rücken. Die Superintendentin dankte so dem scheidenden Pfarrer für seinen Dienst und den Hauptamtlichen, dem Presbyterium und der Gemeinde für die vertrauensvolle Arbeit und Unterstützung in den letzten Jahren und mahnte sie, den Dienst zu achten, den Jörg Uwe Pehle in Vlotho geleistet hat. Im Namen des Pfarrkonvents dankte Pfarrerin Gerda Gödde Jörg Uwe Pehle als einem “tollem Pastor, der die Einkaufsliste vorlesen könnte, und man würde das Wort Gottes hören”. Auch das Presbyterium und der Kindergarten brachten Dank und Geschenke mit in den Gottesdienst, in dem die Emotionen schon spürbar waren, bevor beim Segen für Jörg Uwe Pehle, den die Superintendentin aussprach, sogar Tränen flossen.

Ein Pfarrer mit Ecken und Kanten

Der in Spenge geborene Jörg Uwe Pehle hat sein Profil als innovativ denkender Pfarrer in seiner Zeit in Unna entwickelt, wo er in zwanzig Jahren als Stadtpfarrer viele neue Wege suchte, die Kirche für die Gesellschaft zu öffnen. Vor seinem Wechsel nach Vlotho hatte er in Soest die Vorbereitungen auf das Reformationsjubiläum koordiniert, bis er im November 2016 an die Weser wechselte. Nach langer Vakanz starteten der neue Pfarrer und die Gemeinde “mit Vollgas” durch, wie Jörg Uwe Pehle rückblickend beschreibt, und es wurden genau sechs dynamische, manchmal auch turbulente Jahre in Vlotho. Bei seinen Ideen für die Neugestaltung des Gemeindelebens, aber auch während seiner längeren Krankheits- und Rehazeit und als der offen zu seiner Homosexualität stehende Pfarrer sich Anfeindungen ausgesetzt sah, unterstützten ihn das Presbyterium um Angelika Kippschull, die Pfarrkollegen in der Region Vlotho und viele Gemeindeglieder. In Jörg Uwe Pehles Worten: “Diese Menschen sind es, die diese Gemeinde am Leben halten.”

Die einzige Kirche mit Theke

“Es tut weh, etwas zurückzulassen”, sagt Jörg Uwe Pehle, und er lässt tatsächlich viele Spuren in Vlotho zurück. Die vielleicht sichtbarsten Spuren finden sich im von ihm und vielen ehrenamtlichen Helfern, die er mit einem Zwinkern seine “Rödeltruppe” nennt, umgestalteten Gemeindehaus. Aufgefrischt und verjüngt kommt es daher, und als besonderes Highlight entstand nach dem Vorbild der Antoniterkirche in Köln mit dem Café Stanton das “St. Stephan’s” als Treffpunkt und unerwarteter Raum für kirchliche Angebote. Damit behält Vlotho auch nach seinem Weggang “die einzige Kirche mit Theke”, scherzt Jörg Uwe Pehle.

“Die Kirche darf auch andere Geschichten erzählen”: so erklärt er seine Motivation hinter den vielfältigen, machmal überraschenden kulturellen Angeboten, die er in St. Stephan angestoßen hat. Dazu zählten Themenausstellungen, oft zu schwierigen Themen wie Sucht oder Demenz, oder auch Events von überregionaler Strahlkraft wie die Otmar-Alt-Ausstellung zum Jubiläumsjahr 2017. Mit der Kantorei St. Stephan verbinden ihn der Anspruch an Qualität und Professionalität, aber auch das nötige Quäntchen Verrücktheit, wie er der Kantorin Līga Auguste bei seiner Verabschiedung zurief.

Die Kirche in die Gesellschaft hineinzubringen, den Schritt in die Kirche so niederschwellig wie möglich zu machen: Das war und ist für Jörg Uwe Pehle ein Anliegen in seiner gesamten Arbeit, nicht zuletzt auch in der Gestaltung neuer Gottesdienst- und anderer kirchlicher Formate. Aus Unna hat er die erfolgreiche Reihe “Musik und Wort zur Marktzeit” mitgebracht, neue Impulse in die Konfirmandenarbeit eingebracht und, ganz praktisch, die Anordnung der Kirchenbänke in St. Stephan gedreht und aufgelockert. “Jeder fühlt sich eingeladen”, bestätigt Christiane Althof, die ihm den Dank des Presbyteriums überbrachte. Dafür, dass sie ihn und seine Ideen “ausgehalten und ausgetragen haben”, bedankte er sich im Gegenzug beim “besten Presbyterium der Welt.”

550 Höhenmeter aufwärts

Von der Weser geht es für Jörg Uwe Pehle in den Harz, in seine “gewachsene Heimat”. Hier hatte sein Ehemann Thomas König seit Studienzeiten einen zweiten Lebensmittelpunkt aufgebaut, an dem auch Jörg Uwe Pehle ein Zuhause und ein Betätigungsfeld für seine kreativen Kräfte gefunden hat: Bereits fünf Kinderfeste hat das Ehepaar in Hahnenklee ausgerichtet, und seit 2016 mehrfach Gottesdienste geleitet. Jörg Uwe Pehle kann diese Initiativen nun in festere Bahnen lenken: Im Kirchenkreis Harzer Land übernimmt er zum 1. Dezember seine neue Aufgabe als Tourismus-Pfarrer und Springer für die Gemeinden, darunter die vakante Pfarrstelle Clausthal-Buntenbock mit der beeindruckenden Marktkirche Clausthal.

Mit ihm ziehen nicht nur Luca, sein Russell Terrier, und die Glückwünsche der Gemeinde, sondern auch als Abschiedsgeschenk ein Bild von Barbara Salesch: Ein passendes Geschenk, denn Jörg Uwe Pehle zählt die Einzelausstellung der Fernsehrichterin und Malerin zu einem der Highlights seines kulturellen Schaffens in St. Stephan.

Für die Gemeinde bedeutet der Weggang einen schmerzlichen Verlust, aber auch Neuanfang. Für die Vakanzzeit kann sie auf die eingespielten Strukturen und die engagierten Unterstützer aus der Region und dem Kirchenkreis zurückgreifen, denen Superintendentin Goudefroy und Jörg Uwe Pehle bei der Verabschiedung ihren Dank aussprachen. Pfarrerin Gerda Gödde wird das Presbyterium begleiten und viele der Gottesdienste und Kasualien übernehmen, aber auch andere Unterstützer aus den pfarramtlich verbundenen Gemeinden, darunter Pfarrerin Christine Höke und die neue Gemeindepädagogin Katharina Theine, werden das Gemeindeleben aktiv weiterführen. Und, so verriet Dorothea Goudefroy zum Abschiedsgottesdienst, eine Pfarrerin im Probedienst steht schon bereit, um nach ihrer Elternzeit die Nachfolge Jörg Uwe Pehles anzutreten.

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