Mit der Kraft des Vaterunser: Gospelchor “Good News” begleitete letzte Musikalische Vesper in St. Stephan

Erstellt am 22.05.2022

von Gabriela Peschke

„Vater, unser Vater, alle Ehre Deinem Namen“: Mit dieser modernen Vertonung des Vaterunser von Zehender/Scharnowski hat der Gospelchor „Good News“ unter Leitung von Kantorin Līga Auguste die vorerst letzte musikalische Vesper am vergangenen Samstag eröffnet; mit dem Hauptgebet der Christen, dem Vaterunser, hat Pfarrerin Christine Höke das besondere Gottesdienstformat zunächst beendet und die zahlreichen Besucher in den Abend entlassen. „Wir wünschen uns auf jeden Fall, dass das fortgesetzt wird“, waren sich Helmut und Hannelore Grüssing einig. Wie das Ehepaar aus Vlotho, so sind auch andere Gottesdienstbesucher wiederholt zu den Abendveranstaltungen gekommen, die in ihrem besonderen Wechsel aus Gedankenanstößen und musikalischen Darbietungen das Stundengebet des katholischen Klosterlebens in zeitgemäßer Form adaptiert haben.

Auch diesmal stand die Vesper unter einem Leitgedanken: den Botschaften des Vaterunser. Pfarrerin Christine Höke hatte dazu kurze Texte ausgewählt, Līga Auguste gab mit den Sängerinnen des Gospelchors dem Thema den musikalischen Rahmen. Besonderer Gast des Abends war Gerson Stiening, Dozent an der Hochschule für Kirchenmusik, der am Schlagzeug und Klavier den Chor begleitete.

Das gelang ihm sehr eindrucksvoll schon bei einem der ersten Lieder, dem Traditional „I’ve got peace like a river in my soul“. Im weiteren Verlauf gaben die kernigen Trommelbeats den Gospel-Rhythmen noch den besonderen Kick, so bei „Der Friede der Erde sei mit Dir“. Der Gospelchor selbst, der nach der langen Corona-Pause nun erstmals wieder vor Publikum singen durfte, steckte die Zuhörer sofort mit seiner Begeisterung an. Ob zum andächtigen Klassiker „Amazing Grace“ oder zum schmissigen Arrangement von „This little light of mine“: Das Publikum summte mit, klatschte oder schnipste mit den Fingern. Und der reiche Applaus war mehr als verdient, zumal Kantorin Līga Auguste mit ihrem Solo des Coldplay-Hits „Broken“, begleitet vom Ensemble, noch ein besonderes Highlight bereithielt.

„Wenn jeder eine Blume pflanzte, statt zu schießen tanzte und statt mit Geld mit einem Lächeln zahlte...“, so beginnt Peter Härtlings Vision von einer besseren Welt. Pfarrerin Höke zitierte den Dichter unter dem Stichwort „Dein Reich komme“. Hier fand auch Martin Luther Platz: „Man muss beten, als ob alles Handeln nichts nützt, und handeln, als ob alles Beten nichts nützt“, las sie vor und leitete damit über zu der nächsten Gebetszeile: „Dein Wille geschehe“. Gedanken zu den letzten Worten Jesu, aber auch eine zeitgemäße Geschichte über die glückliche Heimkehr eines Strafgefangenen, auch sie fanden ihren Platz im Vespergottesdienst – und ihren Widerhall im andächtig lauschenden Publikum.

Raum war auch für Psalmen, die im Wechsel mit der Gemeinde gesprochen wurden, und für das traditionelle Marienlob des Magnificat. Doch nicht nur Lob, auch die Bitte rief Christine Höke vor den Zuhörern wach, nämlich die Bitte um Brot und die Bitte um Vergebung sowie die Hoffnung auf Erlösung vom Bösen.

„Der Himmel ist in Dir“, zitierte sie schließlich den großen Theologen Angelus Silesius, und passend weiter: „Blüh auf, gefror`ner Christ, der Mai steht vor der Tür!“. Am Ende dieses erneut besonderen Gottesdienstes bedankte sich das Publikum bei allen Mitwirkenden mit anhaltendem Applaus. Und über dem Ausklang schwebten noch die letzten Worte aus Susanne Niemeyers Gedicht "Konfetti": "Rechne mit Wundern! Wirf Dein Herz ins Spiel!"

Pfarrerin Christine Höke bereichert den Vesper-Gottesdienst mit kurzen Texten, Gedichte und liturgischen Beiträgen.

Ansteckende Freude: Der Chor "Good News" unter der Leitung von Kantorin Liga Auguste präsentiert nachdenkliche wie schwungvolle Gospels und Kirchenlieder.

Verdienter Lohn: Mit lang andauerndem Applaus bedankt sich das Publikum am Ende bei allen Mitwirkenden.