Im Saal des Gemeindehauses in Holzhausen herrscht entspannte Stimmung. Die fünfzehn Anwesenden genießen die Geselligkeit untereinander – und das gute Essen. Denn der Anlass der Zusammenkunft war die Einladung zum Dankessen für die Notfallseelsorger. „Toll, dass Ihr Euch immer wieder dieser Herausforderung stellt“, begrüßt der gastgebende Holzhausener Pfarrer Joachim Schierbaum die Pfarrerinnen und Pfarrer sowie die zahlreichen Ehrenamtlichen, die sich in lebensbedrohlichen Notlagen als seelischer Beistand für Betroffene engagieren.
„Notfallseelsorge ist Bestandteil lebendiger Kirche. So, wie wir zusammen feiern und fröhlich sind, so teilen wir auch schwere Zeiten und Leid mit anderen Menschen“, sagt er mit Bezug auf die Apostelgeschichte. Das gemeinsame Essen sei ein Zeichen der Verbundenheit und zugleich eine Geste der Dankbarkeit des Kirchenkreises für den vielfältigen Einsatz. Denn, so erfahren die Anwesenden später von Matthias Rausch, der als landeskirchlicher Pfarrer für Notfallseelsorge in ganz Ostwestfalen zuständig ist, allein von Januar bis Mai dieses Jahres habe es bereits über zwanzig Einsätze gegeben, während sonst der Durchschnitt eines ganzen Jahres bei gut 30 Begleitungen liege.
Darum hatte Joachim Schierbaum, der als Synodalbeauftragter für die Notfallseelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Vlotho verantwortlich ist, den Tisch auch reich gedeckt: mit Geschnetzeltem zu Spätzle und Kartoffelgratin sowie gemischtem Gemüse werden die Anwesenden verwöhnt. Ein Schokoladenpudding als Nachtisch rundet das Essen ab, das Tina und Michael Heinrich liebevoll zubereitet hatten.
Das kommt bei den Eingeladenen gut an. „Ich freue mich an dieser Gemeinschaft. Es gibt mir viel zurück“, berichtet eine junge Mutter, die vor dem Hintergrund eines eigenen Erlebnisses vor vier Jahren entschieden hatte, sich in der Notfallseelsorge zu engagieren. „Die Ausbildung bereitet uns hervorragend auf die Aufgaben vor. Man muss nicht psychologisch vorgebildet sein“, fügt die gelernte Immobilienkauffrau hinzu. Wichtig sei die Bereitschaft, sich bedingungslos dem Anderen in seiner Not widmen zu wollen. Joachim Schierbaum nennt das die „Drei-Phasen-Präsenz“: „Erstmal ankommen, beruhigen, das Chaos ordnen. Dann stabilisieren und schließlich schauen, welche Ressourcen der Betroffene selbst aktivieren kann“, beschreibt er das Vorgehen. Denn tatsächlich reiche das Spektrum der Einsätze vor Ort von Herzinfarkt über Todesfall, Brand oder Unfall bis hin zum Suizid.
Bereits 1998 hatte Joachim Schierbaum auf Initiative der Feuerwehr die Notfallseelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Vlotho offiziell ins Leben gerufen, bei der inzwischen über 20 Frauen und Männer kontinuierlich mitwirken. Wenn ein Notfall auf der Feuer- oder Rettungswache gemeldet wird, bekommt der diensthabende Notfallseelsorger einen „Auftrag“ und entsendet den Mitarbeitenden, der gerade Bereitschaft hat. Der ist dann bis zu fünf Stunden vor Ort im Einsatz. Damit das reibungslos funktioniert, macht Torsten Willimczik, Pastor in Holtrup, Vennebeck und Möllbergen, dafür die Einsatzpläne. „Man weiß aber nie, in welche Situation man vor Ort kommen wird“, betont Katharina Kenter-Töns. Sie ist Pfarrerin in Hausberge-Lohfeld und schöpft die Kraft für ihre Tätigkeit aus dem Glauben. Ähnlich geht es Bettina Steggemann-Buschmeier aus Bad Salzuflen, die über eine Fortbildung in spiritueller Trauerbegleitung auf die Notfallseelsorge aufmerksam wurde. „Ich engagiere mich hier, weil es meine Art ist, dem Leben ‘Danke’ zu sagen für alles, was mir geschenkt wurde“, berichtet die 62-Jährige, die über Erfahrung in der ambulanten Psychiatrie verfügt.
Matthias Rausch ist es wichtig, dass Menschen mit Interesse für die Notfallseelsorge solide ausgebildet werden. Darum gibt es zunächst immer ein Eignungsgespräch im Vorfeld. Die Qualifizierung selbst umfasst 100 Stunden und erstreckt sich über ein halbes Jahr. „Wer den Kurs durchlaufen hat, bleibt in der Regel dabei, weil er hier seine Aufgabe finden konnte“, weiß der Pfarrer. Auch Superintendentin Dorothea Goudefroy beteiligt sich und übernimmt einmal monatlich einen Dienst. In ihrer Ansprache würdigt sie die mehrfach aufgrund von Corona verschobene Begegnung. „Ihr alle seid toll. Ihr alle helft mit, den positiven Eindruck von Kirche in der Gesellschaft zu verstärken“, so die Superintendentin.