Auf eine musikalische und literarische Entdeckungstour ging es beim Lesekonzert „Flute Stories“ in St. Stephan, Vlotho: Mit Flötenmusik aus fünf Jahrhunderten und einer klug kuratierten Auswahl begleitender Texte begeisterten das „Duo Couleur“ zusammen mit Schauspielerin und Sprecherin Ulrike Teepe das Publikum in der Kirche St. Stephan in Vlotho.
Blockflöte mit Querflöte: Was für viele als eine ungewöhnliche Kombination erscheinen mag, wurde für die Zuhörerinnen und Zuhörer zu einer überraschend harmonischen Klangerfahrung. Doch Blockflötistin Sonja Coors und Querflötistin Carolin Stuke vom „Duo Couleur“ hatten nicht nur zwei Flöten mit nach Vlotho gebracht. Zu fast jedem der vielen Stücke des Abends wechselten sie die Instrumentierung und zeigten so die ganze Bandbreite der ungewöhnlichen Flötenpaarung.
Fröhlich-pastoral ging es los mit dem ältesten Komponisten des Abends: Giovanni Rognonis galt in seiner Zeit als herausragender Flötist des Mailänder Frühbarocks. Das „Duo Couleur“ zeigte dabei die Fähigkeiten der Instrumente mit ihrem erstaunlich raumfüllenden Klang selbst in der großen Vlothoer Stadtkirche. An der Seite der Flötistinnen stand Schauspielerin und Sängerin Ulrike Teepe und ließ zwischen jedem Stück einen kurzen Ausschnitt aus bekannten, unbekannten oder selbstgeschriebenen Texten einfließen. Hirtengeschichten passten dabei zum einleitenden Rognoni ebenso wie zu den darauffolgenden „Les Fleurs“ des späteren Komponisten Philibert Delavigne, später folgten Stücke von Elke Heidenreich, Hesse und anderen.
Rhythmisch, fast tanzbar wirkte der französische Barock, eine gute Überleitung sowohl zur Sonatina des zeitgenössischen Christopher Ball als auch zu den Neapolitanischen Tänzen von Falconiero. Bei Balls „Hommage an Rossini“ mit den markanten Einsätzen der Querflöte zeigten Sonja Coors und Carolin Stucke ihr exzellentes dialogisches Zusammenspiel, während beim dreihundert Jahre älteren Andrea Falconiero die beiden Instrument ebenso gekonnt ihren Charakter zeigen konnten, ohne die gemeinsame Harmonie zu brechen.
Nach einer kurzen Pause klangen vor dem abschließenden Telemann mit Glen Shannons „La Morena“ und besonders Markus Zahnhausens „Klangreden“ moderne Töne an. Zahnhausen entführte dabei mit fast Science-Fiction-artigen Klängen in ferne Weiten und mit faszinierenden Ton- und Spielexperimenten in ganz neue Klangwelten. Von hölzernem Schnarren bis zu mysteriösen Wellen- und Sphärenklängen ging das Stück des 2022 verstorbenen Komponisten und passionierten Amateurfunkers, der die Musik bei den Klangreden von selbst wandern zu lassen schien. Fast programmatisch wirkte dazu das von Ulrike Teepe vorgetragene Gedicht „Pfade“ von Lars Gustafsson: „Wir schreiben die Pfade […] und die Pfade sind klüger als wir.“