Ein Entschluss für eine neue Mitte: Gebäudekonzept für das evangelische Leben in Vlotho vorgestellt

Erstellt am 02.10.2024

Es war der letzte Schritt eines langen Prozesses: Die Presbyterien der evangelischen Vlothoer Kirchengemeinden sind am Montag zusammengekommen, um die neue Gebäudeplanung für die zukünftige Gesamtgemeinde zu beschließen. Mit dem Entwurf gibt sich die neue Gemeinde ein starkes Zentrum in der Stadt. Klar ist aber auch: Es wird empfindliche Einschnitte geben.

 

70, 20, 10: Hinter diesen drei Zahlen verbirgt sich der wegweisende Beschluss der evangelischen Kirchengemeinden in Vlotho, sich auf Menschen und nicht auf Steine zu konzentrieren. Siebzig Prozent der Finanzmittel sollen für die Arbeit mit den Menschen, nur noch zwanzig für den Unterhalt der Gebäude ausgegeben werden.

Noch eine Zahl stand daher bei den Überlegungen im Raum: 150,000 Euro. So viel sollen mittelfristig noch für die Gebäude verbleiben - langfristig in der Tendenz noch sinkend. Nach detaillierter Betrachtung und vielen Zahlenspielen zeigte sich jedoch: Die Summe ist nicht ausreichend für die vielen kirchlichen Gebäude der Region.

Zentrale Lösung bevorzugt

Zwei grundlegende Entwürfe wurden für die Zukunft des evangelischen Lebens in Vlotho entwickelt und in den Presbyterien eingehend geprüft. Ein dezentrales Modell hätte den Rückzug aus St. Stephan und der Kernstadt bedeutet. Eine Konsequenz dieses Modells: Die Gemeinde würde die Voraussetzungen für die hochklassige Kirchenmusik verlieren, die unter der Leitung von Kantorin Līga Auguste zu einem Markenzeichen der Region geworden ist.

Dagegen steht das letztlich präferierte zentrale Modell. In der Praxis heißt dies: Die kommende Kirchengemeinde Vlotho gibt sich ein Zentrum in der Stadt. Die Kirche St. Stephan wird mit dem Gemeindehaus und dem alten Pfarrhaus zum Kern des neuen Gemeindelebens.

„Wir bauen unsere Fläche ab, aber unsere Mitte auf“

Mit klaren Worten stellte Pfarrerin Renate Wefers die Konsequenzen der Entscheidung dar: „Wir bauen unsere Fläche ab, aber unsere Mitte auf.“ Sie selbst ist direkt betroffen, denn auch das von ihr mitgestaltete Ev. Gemeindezentrum Zachäus in Uffeln steht damit zur Disposition. Für das Gemeindezentrum soll eine gute Nachnutzungsmöglichkeit gefunden werden. In Exter ist eine solche Nachnutzung fast schon greifbare Realität: Das Gemeindehaus soll zum multifunktionalen Dorfgemeinschaftshaus umgestaltet werden, in dem die Kirchengemeinde Räumlichkeiten anmieten wird.

Ähnliches gilt für die kleinere der beiden Innenstadtkirchen: Die reformierte Kirche St. Johannis soll einer anderen Nutzung zugeführt werden. Der Verkauf des Gemeindehauses der reformierten Gemeinde an der Moltkestraße war bereits vor den neuen Überlegungen beschlossen worden.

Kritischer gestaltet sich die Situation in den südlichen Teilen Vlothos oberhalb der Kernstadt. Hier sieht der Beschluss vor, dass die Jubilatekirche und das Gemeindehaus in Bonneberg aufgegeben werden. Gleiches gilt für das Gemeindehaus Valdorf. Ebenso in Wehrendorf: Die Aufgabe des Gemeindehauses war bereits beschlossen, doch soll nun auch die Kreuzkirche nicht weiter getragen werden.

Eigentlich nur als Provisorium gedacht, kam die ehemalige Nachkriegs-Notkirche aus Bad Oeynhausen nach Wehrendorf. Wie verbunden sich die Vlothoer mit diesem Provisorium jedoch fühlen, zeigte sich dann auch in dem noch in der letzten Entscheidungsschleife eingebrachten Passus, dass erst noch geprüft werden soll, ob andere Finanzmittel jenseits der Kirchensteuer generiert werden können, um die Gebäude zu unterhalten.

Auch mit diesen schmerzhaften Einschnitten bleiben Unsicherheiten über die Zukunft. Die Kirche in Valdorf und die Autobahnkirche in Exter sind vom jetzigen Beschluss nicht direkt betroffen und werden auch weiter genutzt. Doch sieht der Beschluss vor, dass auch hier andere Finanzierungsmöglichkeiten erschlossen werden sollen, um die beiden dorfbildbestimmenden Kirchen langfristig zu sichern. Trotz aller Einschnitte betonte Pfarrerin Wefers: „Wir wollen in den Stadtteilen präsent bleiben.“ Das verlange nach kreativen Ideen.

„Eine kollektiv kluge Entscheidung“ mit Bauchschmerzen

Die Presbyterien der Vlothoer Gemeinden haben sich die Entscheidungsfindung nicht leicht gemacht. In mehreren Versammlungen und Workshops wurde die Zukunft des kirchlichen Lebens in Vlotho konstruktiv, aber auch kontrovers diskutiert. Auch der eigentliche Entscheidungsprozess fand in mehreren Schritten statt. Eine letzte geheime Abstimmung brachte schließlich Klarheit, doch nur mit knapper Mehrheit.

Es wurde daher ein Kompromissentwurf entwickelt. Zwei Jahre lang soll das neue zentrale Modell auf Herz und Nieren geprüft werden. „Würdig, nicht zügig“ soll es gehen, sagte Pfarrerin Wefers. Es sei ehrlich zu prüfen: „Klappt es denn gut?“ Die verschiedenen Gemeindegruppen sollen Schritt für Schritt im neuen Zentrum zusammenkommen. Es werden in dieser Übergangszeit auch keine größeren Sanierungsmaßnahmen durchgeführt, die dem Ergebnis vorgreifen könnten. Schließlich wird die Tragfähigkeit des Konzepts geprüft, bevor finale Entscheidungen fallen.

Stephan Gimbel, der als Teil der Steuerungsgruppe den Entscheidungsprozess eng begleitet hat, fasste zusammen: „Es ist eine kollektiv kluge Entscheidung“, wenn auch für viele ein Vernunft- und kein Herzensentscheid.

Die neuen Perspektiven werden den Gemeindegliedern in eigenen Gemeindeversammlungen vorgestellt:

  • Uffeln, 6. Oktober, um 17 Uhr
  • St. Johannis, 7. Oktober, um 19 Uhr
  • St. Stephan, 8. Oktober, um 19 Uhr
  • Wehrendorf, 8. Oktober, um 19 Uhr
  • Exter, 8. Oktober, um 19.30 Uhr
  • Valdorf, 9. Oktober, um 19 Uhr

 

In der Kernstadt Vlotho findet das evangelische Leben der Region ein neues Zentrum