60 Jahre und eine Woche Kirche in Möllbergen: Pfarrer Torsten Willimczik und Dorothea Goudefroy, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Vlotho, hatten zum Jubiläumsgottesdienst und Gemeindenachmittag geladen, und 120 Besucher aus Möllbergen und Umgebung kamen, um den Ehrentag gemeinsam zu feiern.
“Wer wohnt in der Kirche?” In ihrer Predigt zum Festgottesdienst in Möllbergen beantwortet Superintendentin Dorothea Goudefroy diese Frage: Nicht der Pfarrer, wie kindliche Vorstellung denken mag, sondern die Gemeinde. Sie wohnt nicht nur zum sonntäglichen Gottesdienst, zum Frauenhilfetreffen oder zur Chorprobe in der Kirche aus Holz und Stein. Ob in den durchbeteten Mauern oder im Alltagstrubel: Die Gemeinde wohnt jeden Tag in der Kirche und baut sie mit jeder Generation auf und aus - so wie auch die Kirche in Möllbergen über die sechzig Jahre ihres Lebens immer weiter gewachsen ist und sich verändert hat.
Für dem gemeinsamen Nachmittag hatten die Möllberger ihr Gemeindehaus und den Kirchhof kurzerhand in ihr Wohnzimmer verwandelt und genossen die gemeinsame Zeit bei Grillgut, vom Team des Ev. Kindergartens Holtrup gezauberten Waffeln und einem überreichen Kuchenbuffet. Die Besucher konnten auch einen ganzen Löschzug der Feuerwehr aus der Nähe erkunden, und die mutigsten unter ihnen trauten sich hoch hinauf zum Glockenstuhl auf den Kirchturm, um ihre Heimat aus der Vogelperspektive zu betrachten.
Neben dem Orgelspiel zum Gottesdienst durch die Vlothoer Kantorin Līga Auguste und dem tatkräftigen Einsatz des Posaunenchors wartete um 14 Uhr ein weiteres musikalisches Highlight auf die Besucher: Die Oldies des Jugendsingkreises unter der Leitung von Annegret Rathert-Habbe nahmen sie mit auf eine einstündige Reise durch beliebte Klassiker wie “You raise me up” und neuentdeckte afrikanische Stücke wie “Siyahamba (We Are Marching in the Light of God)”.
60 Jahre sind nur ein Schlaglicht in der Geschichte der Möllberger Gemeinde. Für die Menschen des heutigen Gemeindebezirks war es ein langer Pilgerweg zur eigenen Kirche. Über Jahrhunderte lebten sie in Möllbergen und Vennecker Bruch zwar im Herzen des heutigen südlichen Porta Westfalica, aber auch im Grenzland zwischen den Kirchorten Holzhausen, Holtrup und Veltheim. Bis sie einen eigenen Hilfsprediger und bald auch eine eigene Kirche hatten, brauchte es die Initiative des langjährigen Holzhausener Pfarrers Hilmar Rocke, und es brauchte eine Feuersbrunst im Herzen des Dorfs.
Im März 1928 wurde der Hof Meier an der Möllberger Straße ein Raub der Flammen, und schon bald mehrten sich die Gerüchte von Brandstiftung in einer Zeit der Wirtschafts- und Agrarkrise, die viele Landwirte zu ähnlichen Verzweiflungstaten trieb. Nach Jahren voller unberechtigter und berechtigter Anklagen, Sorgen und strafrechtlicher Verfolgung entstand ein Nachfolgebau auf der uralten Hofstelle. Hier fanden, 1947 beginnend mit Fritz Vaudt, die Hilfsprediger und, seit 1951, die Pfarrer des 2. Pfarrbezirks ein provisorisches Heim in umgebauten Büroräumen. Doch dabei blieb es nicht: Die Hofstelle wurde übernommen, Pläne geschmiedet und zu Weihnachten 1960 der Gemeinde ein besonderes Geschenk gemacht: Die Baupläne für eine eigene Kirche.
Am 26. August 1962 begann mit der feierlichen Einweihung die bis heute ungebrochene Reihe von Gottesdiensten in Möllbergen. Eine eigene Orgel erhielt die Kirche 1970 und auch bald ein künstlerisches Kleinod, die Fenster des Bremer Glaskünstlers Heinz Lilienthal. Nur knapp einer Katastrophe entging die Gemeinde am 27. Oktober 1991, als sich von den versammelten Gottesdienstbesuchern unbemerkt ein Brand im Dachstuhl der frisch renovierten Kirche ausbreitete. Das rasche Eingreifen der Feuerwehr verhinderte Schlimmeres, und so konnte der damalige Pfarrer Eberhard Peithmann die Gemeinde weiter in seiner Möllberger Kirche willkommen heißen und letztlich auch dem 60. Jubiläum als Ehrengast beiwohnen.
Sechs Jahrzehnte einer wechselvollen Geschichte haben gezeigt, wie lebendig und agil die Gemeinde zwischen Sprengel und Vennebecker Bruch ist. Auch in der kommenden Gemeindevereinigung wird die Kirche an der Möllberger Straße ihr ein Haus und Heim unter dem gemeinsamen Schirm “Porta Westfalica-Süd” bleiben. Für die Besucher gab es daher auch ein passendes Mitbringsel: Einen Schirm mit dem Logo dieses besonderen Jubiläums.