Robin Giesbrecht „beflügelte“ die Zuhörer

Erstellt am 14.10.2019

Klavierkonzert faszinierte die Besucher in der Eidinghausener Kirche

SCS/Bad Oeynhausen. Virtuos ließ Robin Giesbrecht seine Finger über die Tasten tanzen. Mal im zarten Pianissimo, mal mit schwungvoll mitreißendem Temperament interpretierte er die Musik. In der Konzertreihe „beflügelt“ hatte er für die Gäste in der sehr gut besuchten Eidinghausener Kirche in seinem abwechslungsreiches Programm viele Höhepunkte vorbereitet.

 

„Auch heute wird uns der junge Konzertpianist wieder beflügeln“, kündigte Kulturpfarrer Hartmut Birkelbach an, der bereits mehrfach in der Konzertreihe „Beflügelt“ aufgetreten war. „Zum ersten Mal hat er vor zehn Jahren in dieser Kirche gespielt. Spannend, seine Entwicklung mitzuerleben“, so Pfarrer Birkelbach. Gemeinsam mit der evangelischen Kirchengemeinde Eidinghausen hatte das Kulturreferat KuK! des Kirchenkreises Vlotho auch diesmal zum Konzert eingeladen.

 

„Eckpfeiler der Hochromantik“ hatte Robin Giesbrecht mitgebracht, der sich freute, wieder einmal in seiner alten Heimat zu konzertieren. Für das Konzert hatte der in der Kurstadt aufgewachsene und seit 2011 in New York lebende Künstler seine Hochzeitsreise verschoben. Seine Frau, auch Pianistin, konzertierte zeitgleich in ihrer eigenen Heimatstadt Cleveland. Der 26-jährige Pianist führte selbst durch das Programm und erläuterte jedes der Werke, bevor er es ausdrucksstark und mit spannungsvoller Dynamik erklingen ließ. Den gesamten Konzertabend musizierte der Absolvent der berühmten New Yorker Juilliard Music School ohne Noten. Mit den 1898 von Isaac Albeniz komponierten 'Cantos de Espana' eröffnete Robin Giesbrecht den Konzertabend. „Die spanischen Rhythmen kennen Sie vielleicht aus der Gitarrenmusik. Doch ursprünglich wurden sie für Klavier geschrieben. Albeniz hat gern Melodien verbunden, beispielsweise spanische mit arabisch-asiatischen. Im Satz 'Cordoba' hören sie die Kirchenglocken läuten und einen Choral erklingen, bevor Flamencoklänge auf den Stadtplatz zu Tänzern und Gitarristen führen“, erläuterte er. Der letzte Satz 'Seguidillas' bildete eine Überleitung zum nächsten Werk, der 'Sonate Nr. 2, op. 36' von Sergei Rachmaninoff. „Ein Gigant des Klavierrepertoires“, so Robin Giesbrecht. „Man hört die harmonische Entwicklung in der Musik. Rachmaninoff experimentiert mit Chromatik. Durch die drei Sätze entwickelt sich da große Motiv des Themas bis zum Finale im bombastischen Allegro molto.“ Robin Giesbrecht spielte die 1931 komponierte Originalversion des mehrfach umgeschriebenen und gekürzten Werkes und faszinierte sein Publikum.

 

Nach der Pause begeisterte er mit Walzern von Frederic Chopin. „Er hat viele kurze Werke komponiert. Ich habe frühe bis späte Walzer ausgewählt“, sagte der charismatische Musiker. Zum Abschluss des Konzertabends spielte er Franz Liszts 'Après und lecture du Dante: Fantasia quasi Sonata'. Liszt hat in seiner Komposition die 'Göttliche Komödie' des italienischen Dichter Dante Alighieri musikalisch umgesetzt. „Die Dante-Sonate führt uns in die Unterwelt, ins Inferno“, sagte Robin Giesbrecht und spielte den Tritonus auf dem Klavier an, „damit Sie ihn im Stück wiedererkennen. Dieser Akkord heißt auch Diabolo in musica, der Teufel in der Musik. Liszt hat Worte und Schmerz in Musik gefasst. Er hatte Schwierigkeiten, sich als Musiker zu etablieren. Dantes 'Göttliche Komödie' hat die Welt beeinflusst. Liszt hat damit gekämpft, als Musiker nicht beeinflusst zu haben. Doch er hat das Pianistentum erfunden und ist bekannteste Pianist aller Zeiten“, erläuterte Robin Giesbrecht das eindrucksvolle Werk. „Schmerzhaft und wunderschön zugleich. Ich bekomme beim Spielen selbst Gänsehaut. An manchen Stellen hört man traurige Seelen heulen, doch am Ende ist Licht.“

 

Beinahe atemlos lauschten die Zuhörer den virtuosen Wechseln aus furioser Dramatik und klagender Wehmut. „Es ist mir eine Ehre, dieses Werk für Sie zu spielen“, sagte der Künstler, bevor er das Inferno der Klangkunst am Flügel musikalisch durchlebte. Nach tosendem, nicht enden wollendem Beifall mit stehenden Ovationen nahm er noch einmal am schwarzen Flügel Platz und ließ mit Frederic Chopins 'Fantasie Impromptu' den beflügelnden Konzertabend ausklingen.

Eindrucksvoll: Pianist Robin Giesbrecht faszinierte die Zuhörer mit Werken romantischer Komponisten.