Faszination der Lyrik

Erstellt am 31.08.2018

Autorenbegegnung mit Yitzhak Laor und Durs Grünbein in der Auferstehungskirche

„Dieses spezielle Format hat hier inzwischen seit mehr als zehn Jahren Tradition“, begrüßte Pfarrer Lars Kunkel die Gäste des Lyrikabends der "Poetischen Quellen". "Gedichte, von den Autoren selbst vorgetragen, sind etwas ganz Besonderes. Unsere Kirche ist dabei viel mehr als nur ein schöner Raum für Veranstaltungen. Über das Leben nachzudenken ist für mich ohne Kultur nicht vorstellbar. Ich hoffe, die Poetischen Quellen werden noch lange sprudeln.“

 

Unter dem Titel "Gedichte für das Diesseits der Welt" bot der Abend eine interessante Mischung aus Gesprächen und Gedichtvorträgen. Moderator Jürgen Keimer sprach mit Yitzhak Laor und Durs Grünbein über die vielfältigen Inhalte ihrer Gedichte und ihre Motivation zu Schreiben. "Anlass für ein Gedicht kann alles Mögliche sein. Dichter aller Zeiten folgten einem Gedanken, der sie gepackt hat. Ich sehe meine Gedichte als Pendant zu naiver Malerei, die in holprigen Versen Schlüsselbilder und Momente einfängt", so Durs Grünbein. Yitzhak Laor, der häufig Gesellschaftskritik in Versen ausdrückt, sagte: „Es ist nicht leicht, etwas zu schreiben, was die Menschen bewegt und ihnen gleichzeitig eine reindrückt.“ Seine Gedichte schreibt der 1934 nach Israel emigrierte Autor auf Hebräisch. Einige trug er im Original vor. Mit den deutschen Lesungen zog Thomas Streipert die Zuhörer in seinen Bann.

 

„Ich möchte, dass Lyrik ein Minenfeld ist, wo Wort auf Wort trifft, Satz auf Satz, und dann geht's hoch“, sagte Yitzhak Laor. In seinen Gedichten verwendet er neben dem modernen Hebräisch auch Althebräisch, das seine Übersetzerin Anne Birkenhauer, die auch im Gespräch für ihn übersetzte, mit Zitaten aus Martin Luthers Bibelübersetzung für den Leser kenntlich macht. "Hier in der Kirche hebräisch zu sprechen, ist etwas Besonderes", so der Autor.

 

Zum Abschluss des Gesprächs fragte Jürgen Keimer nach der aktuellen Bedeutung von Literatur. "Wir leben in einem Zeitalter extremer Abnutzung und Manipulation von Wörtern. Dadurch ist der Weckrufcharakter der Literatur heute schwieriger", sagte Durs Grünbein. "Jeder hat eine viel größere Verantwortung. Es kommt auf jeden Einzelnen an", appellierte er an die Anwesenden. 

Vielschichtig: Durs Grünbein (v.r.), Yitzhak Laor und Anne Birkenhauer im Gespräch mit Jürgen Keimer.