Theater, das unter die Haut geht

Erstellt am 17.11.2018

Musikalisches Schauspiel „Susanna“ bewegt die Zuschauer

Eine Leiter steht mitten in der Kirche, daneben eine Leinwand. In St. Stephan gastieren auf Einladung der Gemeinde und des Kulturreferates „KuK!“ im Kirchenkreis Vlotho Martina Roth und Johannes Conen mit dem musikalischen Schauspiel „Susanna. Ich bin ein Kontinent“. In dem 1940 verfassten Werk von Gertrud Kolmar steht Susanna im Mittelpunkt, eine junge, gemütskranke Jüdin, die in ihrer eigenen, märchenhaft poetischen Welt lebt und sich nach Liebe sehnt.

 

Gespannt warten die Anwesenden auf den Beginn des Theaterabends in „besonderer künstlerischer Umsetzung“, so Kulturpfarrer Hartmut Birkelbach in seiner Begrüßung. Bewegtbildtheater haben Martina Roth und Johannes Conen ihre außergewöhnliche, selbst entwickelte Theaterform genannt. Schauspielerin Martina Roth tritt als Susanna auf die Bühne und zugleich in den Dialog mit der auch von ihr selbst gespielten Frau auf der Leinwand, Susannas Erzieherin. Während Susanna im roten Kleid und mit offenen Haaren lebenslustig die Leiter hinauf und hinab klettert und sich in ihre Fantasiewelten begibt, findet ihre liebevolle, jedoch nüchtern-rationale Gouvernante im kontrastreich blauen Kleid keinen Zugang zu diesen. Beide Frauenfiguren sind gleichzeitig Spiegelbilder der Autorin und Dichterin Gertrud Kolmar.

 

Ab und zu hält der Dialog einige Momente lang inne. Dann lässt Johannes Conen seine Gitarre erklingen und Martina Roth singt vertonte Gedichte von Gertrud Colmar. Gebannt, beinahe atemlos sitzen die Zuschauer, sind geradezu gefesselt von der bizarren Geschichte, in die sie mehr und mehr hineingezogen werden. Ein Abend ohne große Effekte und Theaterdonner, der tief unter die Haut geht.

Fantasievoll: Martina Roth agiert als Susanna auf der Leiter.