KuK! - Kirche und Kultur

Orientalische Klänge in St. Stephan: Asambura-Ensemble mit Schubert’s “Winterreise” und persischen Gedichten

Erstellt am 25.01.2022

Ungewohnte Klänge am Sonntag in St. Stephan: Das Asambura-Ensemble aus Hannover war in die Vlothoer Kirche gekommen, um mit „Fremd bin ich eingezogen“ eine interkulturelle und kompositorische Neuinterpretation von Franz Schuberts „Winterreise“ zu präsentieren. Kantorin Līga Auguste, die Evangelische Kirchengemeinde St. Stephan und Pfarrerin Susanne Böhringer vom Kulturreferat “KuK!” im Evangelischen Kirchenkreis Vlotho hatten das Ensemble eingeladen, weil sie die Idee von einer interkulturellen Neu- und Weiterinterpretation sehr reizvoll und die Komposition sehr besonders finden. Die Gedanken, das Gefühl und auch die soziale Interpretation der Gedichte von Wilhelm Müller – und dann auch der Ausdruck von Franz Schubert in der Musik – wurden aufgenommen, bearbeitet und mit einer kulturellen Vielfalt erweitert. Pfarrerin Susanne Böhringer fasst zusammen: “Damit ist der oder die einzelne nicht mehr alleine in seinem oder ihrem Dasein der Einsamkeit, des Schmerzes, sondern hat Weggefährtinnen und Weggefährten – durch die Jahrhunderte hindurch – überall auf der Erde.” 

Eine besondere Mischung aus klassischen und persischen Instrumenten: Das Asambura Ensemble begeisterte in St. Stephan.

Der von Franz Schubert komponierte Liederzyklus „Winterreise“ machte deutlich, dass Schmerz und Perspektivlosigkeit, aber insbesondere auch der Wunsch nach Zugehörigkeit und Heimat in allen Kulturen und zu allen Zeiten ähnlich erlebt werden. Dazu arrangierte Maximilian Guth persische Gedichte von Saadi, Rahdi Moayeri und Mehdi Akhavan-Sales. „Während wir in der ‚Winterreise‘ extreme Gefühlskontraste erleben, entwickeln sich auf Grundlage der persischen Gedichte melancholische Klagemeditationen. Sie ergänzen die ‚Winterreise‘ nicht nur, sondern fassen – neben dem Schmerz um die vergangene Liebe – die Aspekte der Einsamkeit, Flucht und Sehnsucht nach Heimat ebenso eindrücklich zusammen”, fasst Kantorin Līga Auguste zusammen, die das Konzert maßgeblich mitorganisiert hatte.

Durch die persischen Gedichte kam die Verzweiflung einer ganzen Weltregion zum Ausdruck. „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus“: Mit dieser Textzeile beginnt die Winterreise. Dann setzte Solistin Toktam Moslehi ein, die den traditionellen persischen Gesang „Radif“ bei der bekannten Sängerin Pari Maleki erlernt hat und damit den Kirchraum von St. Stephan erfüllte. In Kombination mit Yannick Spanier, der aus Vlotho kommt und mittlerweile an der Staatsoper Hannover als Solist wirkt, verschmolzen beide Kulturen miteinander und erlaubten den über 100 Besuchern einen ganz anderen Blickwinkel. Auch die Instrumente bildeten ein klangliches Gesamtkunstwerk – ungewohnte wie faszinierende Klänge für ostwestfälische Ohren wie die der persischen Santur oder der Oud erklangen zu Streicherklängen und dunkel-warmen Flöten.

Das Ensemble nahm die Besucherinnen und Besucher in die Dynamik dieser Neuinterpretation mit hinein und spielte dabei mit dem Raum der Kirche, indem die Musikerinnen und Musiker selbst durch ihn wanderten, an unterschiedlichen Orten der Kirche standen und musizierten. Dadurch entstand das Gefühl, selbst Teil einer großen Wanderbewegung zu sein. Zum Ende klang der letzte Ton aus und nach intensivem Innehalten erhoben sich die Zuhörerinnen und Zuhörer zu langanhaltendem Applaus. Kultur-Pfarrerin Susanne Böhringer freute sich über diese herausragende Konzerterfahrung: „Das Asambura-Ensemble hat durch das Weiterschreiben der Winterreise Altes mit Neuem, Bekanntes mit Fremdem in Kontakt gebracht und so eine neue, vielfältige und besondere Interpretation geboten – mit großer Resonanz in den Ohren und Herzen der Hörenden! Die Klänge von Geigen und Flöten in Kombination mit persischem Gesang und den Instrumenten waren eine ganz besondere Erfahrung, die alle bestimmt so schnell nicht mehr loslassen wird.”

Besondere Erlebnisse hat die Pfarrerin im Auftrag des Evangelischen Kirchenkreises Vlotho auch für die kommenden Monate organisiert. So freut sich Böhringer neben der Reihe „Kirchen + Kino“ in der UCI-Kinowelt auch auf musikalische Lesungen und Ausstellungen sowie mehrere Tagesfahrten zu unterschiedlichsten Kirchen im Kirchenkreis sowie nach Goslar im Mai. Die komplette Programmübersicht gibt's hier.

Kultur-Pfarrerin Susanne Böhringer begrüßt die Zuschauer in St. Stephan zum Konzert von Asambura.

Der Vlothoer Sänger Yannick Spanier begeisterte mit dem Asambura Ensemble von der Empore aus.

Solistin Toktam Moslehi begeistert von der Empore aus mit traditionell persischem Gesang.

Glücklich und dankbar nach dem Konzert: Das Asambura Ensemble.